Bild: Carla Sabato
Zuerst nur Worte eines E-Mail-Betreffs. Dann war ich selbst drin. Aus Versehen sozusagen. Das scheint ein neuer Perspektivenwechsel für diesen Blog zu sein: der Blick von ganz unten. Der Bunker war grösser als gedacht, lange Gänge die im Zickzack weiter nach unten führten zu mehreren Schutzräumen mit dicken Türen in verschiedenen Farben. Die Luft war angenehm kühl für den Hochsommertag, aber gleichzeitig auch feucht und schwer. Ich war allein. Meine Aufgabe war es, Ordner und Akten von den einen in die anderen Räume zu tragen. Zuerst war es ganz still, ich hörte nur das schmatzende Geräusch meiner schwitzigen Füsse in den Sandalen. Dann, nach einiger Zeit fing ich an, andere Dinge zu hören. Die Lüftung, das Flackern der Neonlichter, das Donnern der Trams über meinem Kopf und dann - ein hoher Ton. Für einen Moment dachte ich, es sei das Anschwellen eines Sirenenalarms. Dann war er wieder verschwunden. Das Gefühl erinnerte mich dunkel an eine Kindheitsangst; eine Zeit lang fürchtete ich mich vor dem alljährlichen Sirenentest (obwohl ich damals natürlich nicht wirklich verstand um was es dabei ging). Der einzige Ort, an dem ich keine Sirenen vermutete, war tatsächlich unser Ferienort, das Engadin.
Ich schalt mich selbst einen Angsthasen. Kaum war ich unterhalb des Erdgeschosses sah ich bereits Notfallszenarien. Aber eigentlich wäre es vielleicht gar nicht so schlecht, sich damit zumindest ansatzweise auseinanderzusetzen. Bei einer Aufräumaktion bei einer älteren Bekannten sortierte ich einst Papierkram aus - und stiess auf ein Hinweisblatt, wo der nächste Schutzraum zu finden ist. «Eine Information die Ihnen im Notfall das Leben retten könnte!» So oder etwas Ähnliches stand darauf. Das Merkblatt war noch gar nicht so alt, doch könnte es von der gängigen Alltagseinstellung nicht weiter weg sein. Wir sprechen nüchtern über Atombomben, Chemiewaffen, Raketen - und benutzen die Schutzräume als erweiterten Keller, als Archive oder als unterirdische Kinos. Wer weiss wo der nächste Schutzraum neben seinem Zuhause ist? Ich hätte keine Ahnung, dachte ich mir, als ich meine unterirdischen Kilometer ablief. Mit einem Kloss im Hals dachte ich an unsere sichere Umgebung, in der Menschen vergessen, was sie im Notfall tun müssten. Oder leichten Mutes sagen: «Bevor ich in diesem Loch ausharre und schlimme Dinge miterlebe, möchte ich lieber vorher sterben.» Während ich mir vorstelle, wie gleichzeitig Menschen auf einem anderen Erdteil in behelfsmässigen Verschlägen anstatt Bunker sitzen und die Köpfe vor dem Bombenhagel einzuziehen versuchen. Wie eine verkehrte Welt kommt mir das in diesem Moment vor. Andererseits schätzt man Dinge meist erst dann, wenn man sie nicht mehr hat - einen Vorwurf kann man den Menschen eigentlich nicht machen. Nach einer Stunde wurde ich wieder ins Tageslicht entlassen, obwohl es mir viel länger vorkam. Ich war heilfroh, wieder in die brütende Hitze der verkehrten Welt zurückzukehren. Weit weg von dem kleinen Stück Realität, welches mir im feuchten Innern des Bunkers so schlagartig bewusst wurde.
Ich schalt mich selbst einen Angsthasen. Kaum war ich unterhalb des Erdgeschosses sah ich bereits Notfallszenarien. Aber eigentlich wäre es vielleicht gar nicht so schlecht, sich damit zumindest ansatzweise auseinanderzusetzen. Bei einer Aufräumaktion bei einer älteren Bekannten sortierte ich einst Papierkram aus - und stiess auf ein Hinweisblatt, wo der nächste Schutzraum zu finden ist. «Eine Information die Ihnen im Notfall das Leben retten könnte!» So oder etwas Ähnliches stand darauf. Das Merkblatt war noch gar nicht so alt, doch könnte es von der gängigen Alltagseinstellung nicht weiter weg sein. Wir sprechen nüchtern über Atombomben, Chemiewaffen, Raketen - und benutzen die Schutzräume als erweiterten Keller, als Archive oder als unterirdische Kinos. Wer weiss wo der nächste Schutzraum neben seinem Zuhause ist? Ich hätte keine Ahnung, dachte ich mir, als ich meine unterirdischen Kilometer ablief. Mit einem Kloss im Hals dachte ich an unsere sichere Umgebung, in der Menschen vergessen, was sie im Notfall tun müssten. Oder leichten Mutes sagen: «Bevor ich in diesem Loch ausharre und schlimme Dinge miterlebe, möchte ich lieber vorher sterben.» Während ich mir vorstelle, wie gleichzeitig Menschen auf einem anderen Erdteil in behelfsmässigen Verschlägen anstatt Bunker sitzen und die Köpfe vor dem Bombenhagel einzuziehen versuchen. Wie eine verkehrte Welt kommt mir das in diesem Moment vor. Andererseits schätzt man Dinge meist erst dann, wenn man sie nicht mehr hat - einen Vorwurf kann man den Menschen eigentlich nicht machen. Nach einer Stunde wurde ich wieder ins Tageslicht entlassen, obwohl es mir viel länger vorkam. Ich war heilfroh, wieder in die brütende Hitze der verkehrten Welt zurückzukehren. Weit weg von dem kleinen Stück Realität, welches mir im feuchten Innern des Bunkers so schlagartig bewusst wurde.
Carla Sabato
Carla Sabato ist Studentin, ehemalige Praktikantin bei der Engadiner Post, Hobbyfotografin (liebend gerne in der Dunkelkammer), stolze Vegetarierin, Yoga-Praktizierende, Verfechterin gemässigter Klimazonen, Frühaufsteherin, Hundehalterin, Pragmatikerin, schwarze Rollkragenpullover Trägerin, Teilzeit Existentialistin, Raus-aber-richtig-Frau, schlechte Autolenkerin und Möchtegern-Vancouverite.
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