Gleich hinter diesem Hügel erstreckte sich einer der schönsten Strände, den ich bisher gesehen hatte. Bild: Carla Sabato
Vielleicht können Sie sich an meinen Blogpost von vor drei Jahren erinnern über die dänischen Duschen. Jetzt war ich wieder zurück im Lande und mir dämmerte, dass Dänemark das Land war, welches meine Reise-Arroganz mit Humor nimmt. Also Reise-Arroganz im Sinne von: Ich plane alles im Voraus, schlage mich vor Ort ohne Probleme überall durch und werde auch noch als Einheimische verkannt. Das hat tatsächlich einige Male so funktioniert, aber in Dänemark noch nie. Beim Anblick der Dusche war ich ja bekanntlich etwas überfordert - und ging peinlicherweise auch noch davon aus, dass das in jenem Land die Badezimmer-Norm sei. Das hat sich dieses Jahr definitiv nicht bestätigt, dafür kam ein anderes Ereignis dazu. Lassen Sie mich die Irrungen mit Emojis darstellen:
Oder nochmals in Buchstaben: Ich wollte unbedingt an einen bestimmten Ort mit schönem Strand fahren. Allerdings konnte mir niemand sagen, ob ein Interrail-Pass auch für die Strecke gültig war, die ich befahren wollte. Ich kaufte also zusätzlich ein reguläres Ticket und stieg ein. Unterwegs fiel mir auf, dass es nicht genügend Zonen abdeckte und versuchte auszumachen, bis wo ich maximal fahren konnte. Da fiel mir plötzlich ein Strand ins Auge - ich stieg direkt bei der nächsten Haltestelle aus. Wenige Minuten später stand ich vor einem mit Heckenrosen bewachsenen Hügel, dahinter Strand, so weit das Auge reichte.Während ich ich barfuss durch die kalten Wellen lief, den Sand zwischen den Zehen spürte und der feuchte Wind mein Haar zerzauste, dämmerte mir, dass dies genau das Gefühl war, das ich mir gewünscht hatte. Ich hatte zwar einen Interrail-Reisetag vergeblich und ein zusätzliches Ticket gekauft und war auch nicht an dem geplanten Strand angekommen, aber womöglich hatte ich das bekommen, was ich wirklich wollte. Mir ging ein Zitat von Hesse durch den Kopf:
„Wenn jemand sucht“, sagte Siddhartha, „dann geschieht es leicht, dass sein Auge nur noch das Ding sieht, das er sucht, dass er nichts zu finden, nichts in sich einzulassen vermag, weil er nur immer an das Gesuchte denkt, weil er ein Ziel hat, weil er vom Ziel besessen ist. Suchen heisst: ein Ziel haben. Finden aber heisst: frei sein, offen stehen, kein Ziel haben.“
Vielleicht war Dänemark nicht der Ort mit dem seltsamen Humor, sondern der Ort, der mich dazu brachte, das Reisen etwas spontaner und offener anzugehen. Der mich lehrte, wie man die wahren Momente findet.
Carla Sabato
Carla Sabato ist Studentin, ehemalige Praktikantin bei der Engadiner Post, Hobbyfotografin (liebend gerne in der Dunkelkammer), stolze Vegetarierin, Yoga-Praktizierende, Verfechterin gemässigter Klimazonen, Frühaufsteherin, Hundehalterin, Pragmatikerin, schwarze Rollkragenpullover Trägerin, Teilzeit Existentialistin, Raus-aber-richtig-Frau, schlechte Autolenkerin und Möchtegern-Vancouverite.
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