16.06.2020 Romana Ganzoni 2 min
Foto: shutterstock.com

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Vor Kurzem, am 2. Juni, wurde es schwarz auf Instagram. Unter #blackouttuesday und #blacklivesmatter zeigten viele Nutzerinnen und Nutzer ihre Betroffenheit und Solidarität mit den Demonstranten und Demonstrantinnen in den USA und anderswo. Der Satz «I can not breathe» des am 25. Mai auf offener Strasse ermordeten Schwarzen George Floyd wurde innerhalb weniger Tage sinnbildlich für Millionen Menschen, die wegen ihrer dunklen Hautfarbe (trotz der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung, trotz aller Diskussionen und Initiativen) noch immer weit davon entfernt sind, die gleiche Freiheit atmen zu dürfen wie weisse Menschen. Sie sind weit davon entfernt, die Behandlung zu erfahren, die ihnen von Gesetzes wegen zusteht. Um nur den Minimalkonsens zu nennen. Die spezifischen Probleme in den Vereinigten Staaten sind ein guter Ausgangspunkt, um über den eigenen Rassismus nachzudenken, der mit der Sozialisierung, über Sprache und Bilder, kollektiv mitgeliefert wurde. Zu sagen, für mich als Schweizerin sei eine Selbstbefragung nicht nötig, weil wir nie Sklaven und Sklavinnen auf Baumwollplantagen schuften liessen, gilt nicht. Wir haben auch in der Schweiz historisch genug Dreck am Stecken, um annehmen zu dürfen, dass wir sehr wohl ein genuines Talent zur Ausgrenzung von Gruppen haben, denen aufgrund äusserer Merkmale und Zugehörigkeiten der Wert abgesprochen wird. Die Behandlung der Fahrenden, Psychiatrie-Opfer, «Fremdarbeiter» sowie Verding- und Schrankkinder geben darüber Auskunft. Deshalb blüht selbstverständlich auch hier der Rassismus, ganz ohne Vergangenheit als Sklavenhalter-Gesellschaft, aber auch ganz ohne breit angelegte gesellschaftliche Diskussion. Und Rassismus ist nicht nur dort zu finden, wo er traditionell vermutet wird, sondern auch in progressiven Kreisen, die sich ihrer Positionen sehr sicher sind. Ein guter Zeitpunkt, die eigenen Sicherheiten anzugehen und sich neu zu befragen. Ich habe das auch schreibend getan. Daraus sind unter anderem sieben Radiobeiträge für RTR (Radio Televisiun Rumantscha), entstanden, die bald ausgestrahlt werden. Das Sendegefäss heisst «Impuls» und wird von der Künstlerin und Autorin Flurina Badel betreut. Ausserdem habe ich mich bewusst der Schnellebigkeit der sozialen Medien entzogen und beschlossen, mein mit #blacklivesmatter versehenes schwarzes Feld noch etwas stehen zu lassen und nicht gleich eine besonders gelungene Omelette zu posten. Stattdessen: einen Moment innehalten, nachdenken. Wichtige Themen brauchen Zeit und Vertiefung.

Romana Ganzoni

Romana Ganzoni (*1967, Scuol) ist Autorin und wohnt in Celerina/Schlarigna. Nach 20 Jahren als Gymnasiallehrerin schreibt sie seit 2013 Romane, Erzählungen, Gedichte, Essays, Kolumnen sowie für Radio und Bühne. Sie wurde für den Bachmannpreis nominiert, erhielt den 1. Preis beim Essay-Wettbewerb des Berner Bunds und ist Trägerin des Bündner Literaturpreises.