Foto: Romana Ganzoni
Leider habe ich seinen Namen vergessen. Ein prominenter Politiker aus den Vereinigten Staaten. Er sagte - während Donald Trump als Präsident amtete -, es sei wichtig, sich nicht auf dessen Politik zu beziehen, sondern eigene Visionen zu präsentieren, eigene Perspektiven darzustellen, Menschen damit anzusprechen, ohne Dauer-Referenz auf einen Mann oder Konzepte, die man für schlecht und schädlich hält.
Dass schrilles, antisoziales Verhalten unsere Aufmerksamkeit (instinktiv?) stärker anzieht als das Gegenteil, fand ich immer interessant, auch als Lehrerin. Welche Dynamik spielt, wenn eine, sagen wir, zwanzigköpfige Schulklasse, zu fast 100% motiviert ist, sprich: neunzehn Schülerinnen und Schüler sind dabei, voller Ideen, Energie, Einsatz und lustig, nur ein Schüler, eine Schülerin hat keine Lust oder andere Interessen (vielleicht Probleme), die die Gruppe zu spüren bekommt. Warum konzentriere ich mich in einer ersten (unreflektierten) Phase – als wäre ich darauf programmiert - auf das Verhalten, das nicht meinem Wunsch entspricht, warum investiere ich – gefühlt – sehr viel mehr Zeit darauf, als auf die Positiven oder Unauffälligen? Eine wunderbare Lektion in der Lektion. Gut lösbar, ohne dass die unzufriedene Person ein begeistertes Schätzchen werden muss.
Warum zieht uns das Negative an? Eine prompte Reaktion auf das Negative hat sich bestimmt dann bewährt, wenn der Säbelzahntiger um die Ecke bog. Wer ihn ignorierte, war tot. Fasziniert uns deshalb das Böse, auch heute noch? Mehr als das Gute? Überboten sich die Zeitungen in den letzten Monaten deshalb mit Panikmeldungen – ohne den gebotenen Ausgleich? Ich weiss es nicht. Wovon ich überzeugt bin: Negativspiralen müssen bewusst unterbrochen werden. Im Kleinen und im Grossen. Es ist nicht schwer. Es braucht nur ein Bewusstsein für Situationen und das Wissen, dass Negativität, Angst und Destruktion ansteckend sind.
Vor Kurzem habe ich einer Radio-Runde zugehört. Vier Leute, zwei Männer, zwei Frauen, besprachen einen Roman (den ich grossartig finde). Eine Frau – die mit der grössten Erfahrung – war schlecht gelaunt, als stünde ein Zahnarzttermin bevor, der eine Mann auch, er fand das Buch «schnell vergessen», da bleibe nix. Er wischte es ohne Aufwand vom Tisch. Der Diskussionsleiter und Gastgeber sowie die differenzierte, kluge, zeitgenössisch gestimmte Kritikerin wurden von den Fertigmachern überrannt, vielleicht sogar angesteckt, sie zogen sich verbal zurück, das Vereinfachende und Negative triumphierte zum Schluss, zumindest an der Oberfläche. Was die Hörerin nun keinen Schritt weiterbrachte, und – jetzt wird es ernst -, heftig gegen das elfte Gebot verstiess: Du sollst nicht langweilen!
Dass schrilles, antisoziales Verhalten unsere Aufmerksamkeit (instinktiv?) stärker anzieht als das Gegenteil, fand ich immer interessant, auch als Lehrerin. Welche Dynamik spielt, wenn eine, sagen wir, zwanzigköpfige Schulklasse, zu fast 100% motiviert ist, sprich: neunzehn Schülerinnen und Schüler sind dabei, voller Ideen, Energie, Einsatz und lustig, nur ein Schüler, eine Schülerin hat keine Lust oder andere Interessen (vielleicht Probleme), die die Gruppe zu spüren bekommt. Warum konzentriere ich mich in einer ersten (unreflektierten) Phase – als wäre ich darauf programmiert - auf das Verhalten, das nicht meinem Wunsch entspricht, warum investiere ich – gefühlt – sehr viel mehr Zeit darauf, als auf die Positiven oder Unauffälligen? Eine wunderbare Lektion in der Lektion. Gut lösbar, ohne dass die unzufriedene Person ein begeistertes Schätzchen werden muss.
Warum zieht uns das Negative an? Eine prompte Reaktion auf das Negative hat sich bestimmt dann bewährt, wenn der Säbelzahntiger um die Ecke bog. Wer ihn ignorierte, war tot. Fasziniert uns deshalb das Böse, auch heute noch? Mehr als das Gute? Überboten sich die Zeitungen in den letzten Monaten deshalb mit Panikmeldungen – ohne den gebotenen Ausgleich? Ich weiss es nicht. Wovon ich überzeugt bin: Negativspiralen müssen bewusst unterbrochen werden. Im Kleinen und im Grossen. Es ist nicht schwer. Es braucht nur ein Bewusstsein für Situationen und das Wissen, dass Negativität, Angst und Destruktion ansteckend sind.
Vor Kurzem habe ich einer Radio-Runde zugehört. Vier Leute, zwei Männer, zwei Frauen, besprachen einen Roman (den ich grossartig finde). Eine Frau – die mit der grössten Erfahrung – war schlecht gelaunt, als stünde ein Zahnarzttermin bevor, der eine Mann auch, er fand das Buch «schnell vergessen», da bleibe nix. Er wischte es ohne Aufwand vom Tisch. Der Diskussionsleiter und Gastgeber sowie die differenzierte, kluge, zeitgenössisch gestimmte Kritikerin wurden von den Fertigmachern überrannt, vielleicht sogar angesteckt, sie zogen sich verbal zurück, das Vereinfachende und Negative triumphierte zum Schluss, zumindest an der Oberfläche. Was die Hörerin nun keinen Schritt weiterbrachte, und – jetzt wird es ernst -, heftig gegen das elfte Gebot verstiess: Du sollst nicht langweilen!
Romana Ganzoni
Romana Ganzoni (*1967, Scuol) ist Autorin und wohnt in Celerina/Schlarigna. Nach 20 Jahren als Gymnasiallehrerin schreibt sie seit 2013 Romane, Erzählungen, Gedichte, Essays, Kolumnen sowie für Radio und Bühne. Sie wurde für den Bachmannpreis nominiert, erhielt den 1. Preis beim Essay-Wettbewerb des Berner Bunds und ist Trägerin des Bündner Literaturpreises.
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