Ob sie wirklich die Welt besten Orangen sind? Wichtig ist der Glaube daran (Foto: Ruth Bossart).
Sie denken bestimmt, dass ich verrückt bin. Denn: Ich reise um die halbe Welt für «meine» Dentalhygienikerin. Aus Singapur oder Mumbai flog ich hin nach Bern, um mir von der jungen Frau mit dem charmanten Walliserdialekt den Zahnstein zu entfernen. Sie ist einfach die beste und ihre Feinmotorik ist einmalig. Weh tut es so eigentlich kaum mehr. Und alle wissen - die wie ich zwar immer wieder gute Vorsätze haben, dann aber doch die Zahnseide nicht ganz so toll nützen – der jährliche DH-Termin kann zur Tortur werden – ausser bei Frau Sommermatter. Ich schwöre aber nicht nur auf meine DH. Auch in Sachen Nahrungsmittel bilde ich mir ein, den besten Marktstand der Welt für Orangen und Baumnüsse zu kennen. Und natürlich auch den Top-Bauern für gedörrte Feigen. Leider werden diese Delikatessen nicht in der Schweiz, sondern in Istanbul verkauft - am dritten Stand links, wenn man zum Gewürzbazar hochläuft.
Reisen wird in Zeiten von Corona dummerweise immer komplizierter und so begibt sich auch kaum mehr jemand an den Bosporus – auch ich nicht. Unklare Corona-Testprozeduren im Reich von Erdogan schrecken ab. Und so bin ich im Moment auf dem allerletzten Pack meiner Lieblingsnüsse. Feigen hat es noch zwei Vakuumsäcke im Keller. Ich hüte diese wie einen Schatz.
Kürzlich habe ich herausgefunden, dass ich mit solchen Spleens nicht alleine bin. Ein Kollege von mir sollte dringend nach London. Warum? Er muss sich Socken kaufen bei Marks&Spencer, dem altehrwürdigen, englischen Warenhaus. Traditionell und unschlagbar in Sachen Behäbigkeit.
Könnte er solches nicht auch hier in der Schweiz erstehen, so einzigartig werden diese Socken wohl kaum sein, dachte ich und musterte seine Hosenbeine, wo Farbiges hervorlugte. Plötzlich dachte ich an meine türkischen Baumnüsse und Frau Sommermatter.
Inzwischen weiss ich, dass eine Kollegin ihren Gewürztee immer in Belgien holt, eine Bekannte wegen Räucherpfeffer nach Südindien fliegen würde, wenn sie könnte, und meine Freundin aus Kanada Schmuck nur von einem bestimmten Goldschmid in Mumbai kauft. Ich frag mich natürlich, ob es tatsächlich solch Welt beste Sockenläden oder Schmuckhersteller in London oder Mumbai gibt und ob die Feigen- oder Nussbauern in der Türkei tatsächlich nicht zu überbieten sind. Vielleicht ist es aber auch ganz anders; nämlich eine gut getarnte Ausrede für eine Nostalgietour.
Unbestritten ist aber: Egal, ob die Qualität, die Ästhetik oder der Geschmack unschlagbar sind, wichtig ist es doch, dass wir uns daran freuen und uns privilegierte Erdenbürger wähnen: Sei es, weil wir bei Frau Sommermatter einen Termin haben (während wir eh auf Schweiz-Urlaub sind), englische Socken erstehen, türkische Nüsse oder in Mumbai gefertigten Schmuck. Denn: Glauben macht nicht nur selig; er macht auch glücklich.
Reisen wird in Zeiten von Corona dummerweise immer komplizierter und so begibt sich auch kaum mehr jemand an den Bosporus – auch ich nicht. Unklare Corona-Testprozeduren im Reich von Erdogan schrecken ab. Und so bin ich im Moment auf dem allerletzten Pack meiner Lieblingsnüsse. Feigen hat es noch zwei Vakuumsäcke im Keller. Ich hüte diese wie einen Schatz.
Kürzlich habe ich herausgefunden, dass ich mit solchen Spleens nicht alleine bin. Ein Kollege von mir sollte dringend nach London. Warum? Er muss sich Socken kaufen bei Marks&Spencer, dem altehrwürdigen, englischen Warenhaus. Traditionell und unschlagbar in Sachen Behäbigkeit.
Könnte er solches nicht auch hier in der Schweiz erstehen, so einzigartig werden diese Socken wohl kaum sein, dachte ich und musterte seine Hosenbeine, wo Farbiges hervorlugte. Plötzlich dachte ich an meine türkischen Baumnüsse und Frau Sommermatter.
Inzwischen weiss ich, dass eine Kollegin ihren Gewürztee immer in Belgien holt, eine Bekannte wegen Räucherpfeffer nach Südindien fliegen würde, wenn sie könnte, und meine Freundin aus Kanada Schmuck nur von einem bestimmten Goldschmid in Mumbai kauft. Ich frag mich natürlich, ob es tatsächlich solch Welt beste Sockenläden oder Schmuckhersteller in London oder Mumbai gibt und ob die Feigen- oder Nussbauern in der Türkei tatsächlich nicht zu überbieten sind. Vielleicht ist es aber auch ganz anders; nämlich eine gut getarnte Ausrede für eine Nostalgietour.
Unbestritten ist aber: Egal, ob die Qualität, die Ästhetik oder der Geschmack unschlagbar sind, wichtig ist es doch, dass wir uns daran freuen und uns privilegierte Erdenbürger wähnen: Sei es, weil wir bei Frau Sommermatter einen Termin haben (während wir eh auf Schweiz-Urlaub sind), englische Socken erstehen, türkische Nüsse oder in Mumbai gefertigten Schmuck. Denn: Glauben macht nicht nur selig; er macht auch glücklich.
Ruth Bossart
Ruth Bossart ist Historikerin und lebt mit ihrem Mann und Sohn Samuel seit diesem Frühjahr in Bern. Zuvor berichtete sie für das Schweizer Fernsehen aus Indien. Laufen, Ski- und Velofahren gelernt hat Samuel in Pontresina und Zuoz, bevor die Familie 2010 nach Singapur und später in die Türkei zog. Jedes Jahr verbringen die Drei aber immer noch mehrere Wochen im Engadin – nun nicht mehr als Einheimische, sondern als Touristen.
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