Als ich letztens hoch konzentriert über einen Wanderweg in Richtung Berggipfel joggte, fragte mich eine entgegenkommende Wanderin, ob ich das freiwillig machen würde?! Aus meinem Runners-Flow herausgerissen antwortete ich ihr knapp „Na klar, was denken Sie denn!“, aber ich hätte ihr am liebsten gesagt, dass ich über Nacht von Aliens vom Planeten „Sinnsuch“ besucht wurde und nun auf der Suche nach dem grossen Sinn sinnloser Tätigkeit wie das Joggen sei, gewiss in der Überzeugung, dass Joggen ja nicht sinnlos sei, aber es manchmal den Anschein hat, dass diese stupide Bewegung so rein gar keinen Sinn machen würde. Für diese Überlegung war ich aber einfach viel zu kurzatmig, als dass ich ihr das hätte herüberrufen können. Schade eigentlich, denn das Joggen macht durchaus Sinn. Kürzlich las ich wieder etwas über das menschliche Bewegungsverhalten im Jahr 2021 und musste nur müde lächeln. Es geht den Bach runter mit uns. Wir sitzen täglich mehr als Achteinhalbstunden! Wir sitzen einfach da und ruhen uns aus! Jetzt protestieren hier wahrscheinlich einige innerlich und rufen laut, stimmt doch gar nicht! Klar, der Geist arbeitet ja und die Finger wuseln über irgendwelche digitalen Oberflächen. Das kann durchaus schon Hochleistungssport sein. Und das kurze Aufstehen zwischendurch ist auch nicht zu unterschätzen! Meine Hypothese zum ständig wachsenden Bewegungsmangel sieht ziemlich düster aus. Obwohl, vielleicht ist es einfach in der Natur der Dinge und ist ein evolutionärer Rhythmus, dass wir uns wieder zurück zu unseren Vorfahren entwickeln. Wenn wir uns nämlich nicht mehr bewegen, dann schaltet das Gehirn diese Fähigkeit in den Energiesparmodus. Ganz nach dem Motto „Use it or lose it“ („Benutze es oder verliere es“). Wer schon mal ein Bein im Gips hatte weiss, dass nach sechs Wochen Inaktivität nur noch ein kleiner Rest der sonst so strammen Wade übriggeblieben ist. Wir verlieren also unsere Haltemuskulatur und fallen wie ein Sack Kartoffeln ineinander. Das bedeutet, dass wir irgendwann wieder auf allen Vieren landen werden, weil die Muskulatur im Rücken einfach zu schwach geworden ist. Das wird dann zum Problem, da wir dann keine Hände mehr zum Tippen haben. Da wir aber eh nur noch tippen und unsere Sprache dadurch gänzlich verlieren werden, ist das dann auch nicht mehr tragisch. Reden wurde ja schon immer etwas überbewertet. Oder war es andersherum? Ich weiss, manche denken jetzt sicher, was ich hier für negative Horrorszenarien aufmale. Ich hoffe auch schwer, dass meine Überlegungen für Schauermärchen nicht in die Geschichte eingehen werden. Denn es gibt sie ja auch. Es gibt sie, die sich freiwillig bewegen und die so viel Freude daran haben, dass sie andere vielleicht mitreissen können. Dass man sich in kleinen Gruppen in der Mittagspause verabredet und eine Runde um den See joggt. Dass man alle Stunde ein paar Gymnastikübungen macht und die erstarrten Muskeln zum Leben erweckt. Jede Bewegung, egal wie lange, ist besser als keine Bewegung. Zum Glück bin ich keine Politikerin. Meine erste Amtshandlung wäre die verpflichtende Bewegungsstunde pro Tag. In diesem Sinne: Move it! Mein Musiktipp:
https://www.youtube.com/watch?v=hdcTmpvDO0I
Diskutieren Sie mit
Login, um Kommentar zu schreiben