Foto: Daniel Zaugg
Liebe Leserinnen und Leser
Uff, der Einstieg wäre schon mal geschafft. Die Anrede ist gendergerecht und für alle verständlich formuliert. Der Haken: Im Journalismus gibt es keine direkte Anrede der Leserschaft – gendergerecht im generischen Maskulinum formuliert – haben Sie es bemerkt ? Also taugt die eingangs formulierte gendergerechte Anrede vielleicht für Briefe und E-Mails, nicht aber für journalistische Texte.
Darum hat sich die Redaktion anlässlich einer Weiterbildung mit der geschlechtergerechten Sprache auseinandergesetzt und Spielregeln definiert, wie wir, die wir täglich mit Buchstaben und Wörtern jonglieren, einen pragmatischen Umgang mit diesem Thema finden. Ein Thema, welches im gesellschaftlichen Diskurs der letzten Jahre an Bedeutung gewonnen hat. Gendern ist längst kein Spielfeld mehr für wenige engagierte Gleichstellungs-Aktivistinnen. Nein, eine faire und nicht diskriminierende Sprache wird heute breit und differenziert diskutiert. Immer auch im Wissen, dass die Sprachentwicklung ein dynamischer Prozess ist, welcher uns weiter beschäftigen wird.
Ich habe eingangs vom pragmatischen Weg gesprochen. Was bedeutet das für uns im redaktionellen Alltag? Als Grundsatz: Wir orientieren uns beim Gendern am Duden. Vom gleichnamigen Verlag gibt es auch das Handbuch «Geschlechtergerechte Sprache», welches sich explizit dieser Thematik annimmt.
In redaktionellen Texten haben wir uns für die sogenannte Beidnennung entschieden, wenden also sowohl das Femininum als auch das Maskulinum an. Für die Erstnennung beider Geschlechter in den Texten nutzen wir die Beidnennung, also wie nachfolgend «die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger haben entschieden». Im weiteren Verlauf des Textes belassen wir es dann bei der einen oder anderen Form.
Ein exemplarisches Beispiel aus dem Alltag soll aufzeigen, wie stark uns unsere Sprachgewohnheiten prägen: Im Stadion wird per Durchsage sofort «ein Arzt» für einen medizinischen Notfall gesucht. Diesem Aufruf werden sicherlich auch Ärztinnen folgen. Würde andersherum die Durchsage lauten: «Für einen medizinischen Notfall brauchen wir sofort eine Ärztin», würden sich die wenigsten Ärzte angesprochen fühlen. Weil sie denken, dass es wohl einen besonderen Grund haben muss, dass expliziert eine Kollegin gewünscht wird– vielleicht, weil sich die Patientin nur von einer Ärztin untersuchen lassen will.
Nach Möglichkeit verwenden wir neutrale Begriffe. Also: kritische Stimmen statt Kritiker oder geschlechterneutrale Personenbezeichnungen wie Mitglieder, Fachleute, Personen. Oder substantivierte Partizipien: Studierende, Lernende. Bevor es nun zu stark ins Detail geht : Diese Aufzählung ist nicht abschliessend und wird wo sinnvoll durch zusätzliche Formen ergänzt.
Aus Gründen der Lesbarkeit verzichten wir auf das Binnen-I, also TeilnehmerInnen, auf den Genderstern, also Lehrer*innen oder auf Klammern Manager(innen).
Die geschlechtergerechte Berichterstattung mit der korrekten Anwendung der Sprache ist aber nur ein Aspekt der Gleichstellungsthematik. In unserer Redaktion arbeiten fünf Frauen und vier Männer. Dass wir bei dieser Zusammensetzung unwillkürlich ein ausbalanciertes und differenziertes Themenspektrum abdecken, versteht sich fast von selbst. Und ja, wir bemühen uns auch bei der Recherche, die Optik sowohl von Frauen wie von Männern einzufangen.
Liebe Leserinnen, liebe Leser – in diesem Text erlaube ich mir bewusst noch einmal diese Anrede: Wir sind uns der Wichtigkeit der geschlechtergerechten Sprache bewusst. Wir haben in der Redaktion diskutiert, welchen Weg wir nehmen sollen – auf dem beschriebenen befinden wir uns bereits jetzt. Wir wissen aber auch, dass wir unterwegs stolpern können, dass nicht alles vom einen auf den anderen Tag gelingt, dass wir unbewusst in alte Verhaltensmuster zurückfallen können. Begleiten Sie uns auf diesem Weg. Ich freue mich auf Reaktionen!
Blog: Reto Stifel
Chefredaktor EP/PL
reto.stifel@engadinerpost.ch
Uff, der Einstieg wäre schon mal geschafft. Die Anrede ist gendergerecht und für alle verständlich formuliert. Der Haken: Im Journalismus gibt es keine direkte Anrede der Leserschaft – gendergerecht im generischen Maskulinum formuliert – haben Sie es bemerkt ? Also taugt die eingangs formulierte gendergerechte Anrede vielleicht für Briefe und E-Mails, nicht aber für journalistische Texte.
Darum hat sich die Redaktion anlässlich einer Weiterbildung mit der geschlechtergerechten Sprache auseinandergesetzt und Spielregeln definiert, wie wir, die wir täglich mit Buchstaben und Wörtern jonglieren, einen pragmatischen Umgang mit diesem Thema finden. Ein Thema, welches im gesellschaftlichen Diskurs der letzten Jahre an Bedeutung gewonnen hat. Gendern ist längst kein Spielfeld mehr für wenige engagierte Gleichstellungs-Aktivistinnen. Nein, eine faire und nicht diskriminierende Sprache wird heute breit und differenziert diskutiert. Immer auch im Wissen, dass die Sprachentwicklung ein dynamischer Prozess ist, welcher uns weiter beschäftigen wird.
Ich habe eingangs vom pragmatischen Weg gesprochen. Was bedeutet das für uns im redaktionellen Alltag? Als Grundsatz: Wir orientieren uns beim Gendern am Duden. Vom gleichnamigen Verlag gibt es auch das Handbuch «Geschlechtergerechte Sprache», welches sich explizit dieser Thematik annimmt.
In redaktionellen Texten haben wir uns für die sogenannte Beidnennung entschieden, wenden also sowohl das Femininum als auch das Maskulinum an. Für die Erstnennung beider Geschlechter in den Texten nutzen wir die Beidnennung, also wie nachfolgend «die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger haben entschieden». Im weiteren Verlauf des Textes belassen wir es dann bei der einen oder anderen Form.
Ein exemplarisches Beispiel aus dem Alltag soll aufzeigen, wie stark uns unsere Sprachgewohnheiten prägen: Im Stadion wird per Durchsage sofort «ein Arzt» für einen medizinischen Notfall gesucht. Diesem Aufruf werden sicherlich auch Ärztinnen folgen. Würde andersherum die Durchsage lauten: «Für einen medizinischen Notfall brauchen wir sofort eine Ärztin», würden sich die wenigsten Ärzte angesprochen fühlen. Weil sie denken, dass es wohl einen besonderen Grund haben muss, dass expliziert eine Kollegin gewünscht wird– vielleicht, weil sich die Patientin nur von einer Ärztin untersuchen lassen will.
Nach Möglichkeit verwenden wir neutrale Begriffe. Also: kritische Stimmen statt Kritiker oder geschlechterneutrale Personenbezeichnungen wie Mitglieder, Fachleute, Personen. Oder substantivierte Partizipien: Studierende, Lernende. Bevor es nun zu stark ins Detail geht : Diese Aufzählung ist nicht abschliessend und wird wo sinnvoll durch zusätzliche Formen ergänzt.
Aus Gründen der Lesbarkeit verzichten wir auf das Binnen-I, also TeilnehmerInnen, auf den Genderstern, also Lehrer*innen oder auf Klammern Manager(innen).
Die geschlechtergerechte Berichterstattung mit der korrekten Anwendung der Sprache ist aber nur ein Aspekt der Gleichstellungsthematik. In unserer Redaktion arbeiten fünf Frauen und vier Männer. Dass wir bei dieser Zusammensetzung unwillkürlich ein ausbalanciertes und differenziertes Themenspektrum abdecken, versteht sich fast von selbst. Und ja, wir bemühen uns auch bei der Recherche, die Optik sowohl von Frauen wie von Männern einzufangen.
Liebe Leserinnen, liebe Leser – in diesem Text erlaube ich mir bewusst noch einmal diese Anrede: Wir sind uns der Wichtigkeit der geschlechtergerechten Sprache bewusst. Wir haben in der Redaktion diskutiert, welchen Weg wir nehmen sollen – auf dem beschriebenen befinden wir uns bereits jetzt. Wir wissen aber auch, dass wir unterwegs stolpern können, dass nicht alles vom einen auf den anderen Tag gelingt, dass wir unbewusst in alte Verhaltensmuster zurückfallen können. Begleiten Sie uns auf diesem Weg. Ich freue mich auf Reaktionen!
Blog: Reto Stifel
Chefredaktor EP/PL
reto.stifel@engadinerpost.ch
Redaktion Engadiner Post
Wie geht es auf einer Redaktion zu und her? Inbesondere an einem Produktionstag? Was macht ein Redaktor/eine Redaktorin den lieben langen Tag? Und was braucht es, von der Idee bis zum vollständigen Bericht in der Zeitung? Über diese und weitere Themen lesen Sie regelmässig im Redaktionsblog der «Engadiner Post/Posta Ladina».
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