Dieser Wegweiser zeigt entgegengesetzte Richtungen für zwei gleiche Ziele an. Das dachte ich jedenfalls. Bild: Carla Sabato
Nicht der unverständliche Wegweiser. Der Jahresrückblick. Wenn auch Sie Musik mit einem Streaminggiganten hören, dann werden Sie wohl auch das alljährliche Email erhalten haben mit der Aufforderung, sich doch die Liste der meistgehörten Lieder des letzten Jahres anzuschauen. Tatsächlich brachte mich diese Liste auf eine Idee - so einen Rückblick könnte auch ich erstellen. Allerdings für zwei Jahre. Und nur für Perspektiven. Schliesslich befinden wir uns ja auch in der Rubrik der Perspektivenwechsel.
Da wäre als erstes die belgische Perspektive auf Schweizer Schokolade. Warum gibt es hier keine Blockschokolade in der Grösse eines A4 Blatts, welche wie Mousse au Chocolat schmeckt?
Weiter gibt es die chinesische Perspektive in der Gemüseabteilung von Lebensmittelgeschäften: Weshalb sind gewisse Gemüsesorten eigentlich so gross wie sie sind? Das betrifft insbesondere Salatgurken.
Dann wäre da die italienische Perspektive auf das Thema Kochen, die besagt, dass man seinem Essen die gleichen Komplimente machen sollte, die man selber gerne hören wollen würde.
Dann wäre da noch die Perspektive auf den etwas seltsamen Laden direkt neben dem Haus. Durch das Schaufenster sieht man die üblichen Regale mit Esswaren. Darüber hängen Regale mit Pokalen und Werbeplakate mit kyrillischen Buchstaben, draussen stehen je nach Saison riesige Paletten mit tonnenweise Wassermelonen oder Weisskabis. Klammer auf für eine kurze Anekdote: Vor kurzem konnte ich beobachten, wie eine Gruppe Menschen in formeller Kleidung Weisskabis um Weisskabis in den Kofferraum eines Autos luden. Klammer wieder zu.
Meine doch eher skeptische Perspektive änderte sich schlagartig, als ich in Ermangelung von Butter doch einmal den Laden betrat und dort auf viele freundliche Menschen und ausgesprochen gute Stimmung traf.
Zu guter letzt gibt es noch die Schweizer Perspektive auf französische Wanderwege. Die war natürlich davon überzeugt, dass Wanderwege in Frankreich einfach schlechter organisiert waren, schliesslich zeigten zwei Wegweiser mit dem gleichen Ziel in entgegengesetzte Richtungen. Vielleicht lag es auch daran, dass meine mangelnden Französischkenntnisse mir nicht eingeflüstert hatten, dass hier ein subtiler Unterschied besteht? Ich bin nicht sicher.
Jedenfalls lässt sich festhalten: Perspektivenwechsel sind witzig, lassen uns reflektieren und die Dinge in neuem Licht betrachten. Und zugegeben, viele dieser Wechsel hatten irgendwie mit Essen zu tun. Aber um es mit Faust auszudrücken: Ist das Essen nicht eigentlich das, was unsere Welt (am Ende des Jahres) im Innersten zusammenhält?
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine besinnliche und perspektivenreiche Adventszeit.
Carla Sabato
Carla Sabato ist Studentin, ehemalige Praktikantin bei der Engadiner Post, Hobbyfotografin (liebend gerne in der Dunkelkammer), stolze Vegetarierin, Yoga-Praktizierende, Verfechterin gemässigter Klimazonen, Frühaufsteherin, Hundehalterin, Pragmatikerin, schwarze Rollkragenpullover Trägerin, Teilzeit Existentialistin, Raus-aber-richtig-Frau, schlechte Autolenkerin und Möchtegern-Vancouverite.
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