Foto: Fabiana Wieser
Als Athletin oder Athlet lebt man den Sport jeden Tag. Der tägliche Antrieb, die Suche nach der Verbesserung und Perfektion sind ständig präsent. Es fühlt sich manchmal so an in einer Welt zu sein, wo nichts anderes existiert. Dabei wird oftmals vergessen, dass es auf das ganze Leben betrachtet, eben nur ein Teil davon ist. Es versteht sich, ein wichtiger Teil. Aber eben nur ein Teil davon. Es sind nur die Allerwenigsten, die nach der sportlichen Karriere davon leben können. Bei manchen Sportlerinnen und Sportlern dauert die sportliche Karriere länger, bei anderen weniger lang. Manche beenden die Karriere freiwillig, andere werden unfreiwillig gezwungen ihrer sportlichen Laufbahn ein Ende zu setzen. Doch wie oft setzen sich Spitzensportlerinnen und Spitzensportler damit auseinander, wie es nach der Sportkarriere weitergeht? Und wie wichtig ist es, sich darüber Gedanken zu machen? Vermehrt bekommt man zu hören, dass zurückgetretene Athletinnen und Athleten mit Depressionen zu kämpfen haben. Im Leistungssport hat man als Athletin oder Athlet eine klare Identität, die Werte liegen beim Sport. Der Alltag wird durch den Sport bestimmt und das Umfeld stammt zum grössten Teil ebenfalls aus dem Sport. Ein Athlet erhält die Anerkennung für seine erbrachten, sportlichen Leistungen. Dieser Kick ist unter anderem der Antrieb, noch mehr zu wachsen und jeden Tag besser zu werden. Doch was geschieht, wenn das plötzlich nicht mehr da ist? Ich nahm letztens an einer Veranstaltung teil, wo mich der Vortrag eines ehemaligen Leistungssportlers stark berührte. Er befand sich auf dem Höhepunkt seiner sportlichen Karriere und machte gerade grosse Pläne, als er von einem Auto angefahren wurde und danach wochenlang im künstlichen Koma lag. Er stellte sich zum ersten Mal die Frage: Was jetzt? Das könne es doch nicht gewesen sein. Die ganze Arbeit, die ganzen erbrachten Opfer, der ganze Verzicht darf wohl nicht umsonst gewesen sein? Die ganze Energie, die er darin gesteckt hatte. Es schien ihm wie ein Ballon, der gerade geplatzt war. Der Sport bestimmte seinen Alltag, seine Freunde hatte er im Sport und was er am besten konnte war auch der Sport. Seine Identität war der Sportler. Er konnte das, was er am besten konnte und für was er lebte, plötzlich nicht mehr ausüben. Er fühlte sich in der Gesellschaft ungebraucht. Diese Gedanken und die grosse Verzweiflung versetzten ihn in eine tiefe Depression. Auf einem langen Weg kämpfte er sich im Sport zurück und stellte dann fest, dass es ihn nicht mehr gleich erfüllte wie zuvor. Seine Prioritäten hatten sich auf seinem Weg zurück verändert. Es kostete ihn viel Zeit und Kraft, sich seiner Werte als Privatperson überhaupt bewusst zu werden und seinen neu bestimmten Alltag im Berufsleben zu definieren. Dieses Beispiel zeigt wie wichtig es für einen Leistungssportler ist, sich eben nicht nur als Sportler zu bezeichnen. Auch eine Athletin oder ein Athlet soll sich seinen Werten als Privatperson bewusst sein und sich damit Gedanken zum späteren Berufsalltag machen. Sich damit auseinanderzusetzen kann den späteren Schritt vom Ende der Sportkarriere in einen neuen Lebensabschnitt stark vereinfachen. Denn der Einstieg in den Alltag, wo der Sport nicht mehr an erster Stelle stehen wird, wird früher oder später kommen.
Fabiana Wieser
Fabiana Wieser ist 26 Jahre alt und gebürtige Unterengadinerin. Sport war schon immer ihre grosse Leidenschaft. Zu Beginn war sie oft auf den Skipisten unterwegs, bis sie schliesslich ihre Passion zum Ausdauersport, aber insbesondere zum Langlaufsport, entdeckte. Sie absolvierte das Gymnasium am Hochalpinen Institut in Ftan und hat in dieser Zeit unter anderem die Spitzensport RS in Magglingen absolviert.
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