Foto: Daniel Zaugg
Neulich bin ich mit Bademantel bekleidet und Quietscheentchen unterm Arm zum Waldbaden in den Wald hinter meinem Haus gegangen. Dort badete ich stundenlang im Grün des Waldes und kam ganz erfrischt wieder raus. Es war mir doch egal, was die Nachbarn dachten! Naja, so oder so ähnlich hat es sich zugetragen. Vielleicht hatte ich auch keinen Bademantel an und das ganze andere Geraffel war auch nicht dabei. Ich war vielleicht auch einfach nur im Wald spazieren. In Japan wird das Waldspazieren seit Jahrzehnten erforscht und vor einiger Zeit habe ich in dieser Zeitung auch schon über das «Shinrin-Yoku» berichtet. Eigentlich bräuchte es auch gar keine Wissenschaft dazu, denn jene Personen, die sich regelmässig im Wald aufhalten wissen auch ohne statistische Kenngrössen darüber Bescheid, dass es einfach sehr wohltuend ist, sich im Wald aufzuhalten. Die esoterischen Öle, die die Bäume aussenden, wirken immunsteigernd auf den Menschen und reduzieren das Stressempfinden und den Herzschlag deutlich. Esoterisch? Das ist das Waldbaden mit Sicherheit nicht, auch wenn das Bäume-Umarmen an Walddorfschule und «ich tanze meinen Namen» erinnert. Die Fakten zum Waldbaden sind bekannt und gut erforscht. Eigentlich ist es ja schon verwunderlich, dass zu diesem Thema in Japan seit Jahrzehnten geforscht wird und sich auch in unseren Gefilden die Mind & Body-Medizin der Methode annimmt. Vielleicht muss man unserer Spezies auch alles schwarz auf weiss erklären. Das lenkt aber vom eigentlichen Thema nur homöopathisch ab. Denn die Frage, die sich stellt, ist doch diese: wie schaffen wir es, die Dinge, die uns vermeintlich gut tun, in die tägliche Praxis umzusetzen? Die Buchhandlungen sind voll mit Ratgebern und Ratgeberinnen, die einem zum besseren Leben verhelfen sollen. «Retreats» und «Auszeiten für dich» quellen wie Pilze aus dem Boden und wir rennen alle hin und machen mit. Wir konsumieren, wie wir es schaffen können, mehr Gesundheit in den Alltag zu bringen, um dem Leben nicht mehr Jahre sondern den Jahren mehr Leben zu bieten. Dabei wissen wir spätestens von der ersten Klasse, dass wir es mit Wiederholung und Übung alle schaffen können. Die Schule hat den entscheidenden Vorteil, dass es eine Person gibt, die die Dinge lehrt und dass es Prüfungen gibt, die den Stoff abfragen. Im Erwachsenenleben gibt es diese Lehrkörper in der Regel nur noch selten. Und deswegen rennen wir alle in die Buchhandlungen und versuchen es mit 30-Tage-Selbstcoaching-Methoden, die dann am Ende daran scheitern, dass keiner überprüft, ob wir es wirklich durchgehalten haben. Auch mit den ratgebenden Büchern und Kursen sind wir auf uns alleine gestellt. Wir brauchen Unterstützung bei diesen Vorhaben und am besten eine Person, die uns wohlwollend immer wieder daran erinnert. Eine Art «Tamagotschi»! Oder einfach eine gute Freundin oder guten Freunde, die uns ab und zu an unsere Vorhaben erinnert. Vielleicht sollte man es ganz dem Motto meiner Urgrossmutter handhaben und sich um die Balance zwischen ausschweifendem Genuss und abstinenten Schweigen kümmern. Oder um es mit den Worten von Paracelsus zu formulieren: Alle Dinge sind Gift und nichts ist ohne Gift; allein die Dosis macht, dass ein Ding kein Gift ist!. Mein Musiktipp: https://www.youtube.com/watch?v=ZFwSjgC8Cr4/blog/uploads/IMG_3167.JPG
Anne-Marie Flammersfeld
Anne-Marie Flammersfeld ist Diplom-Sportwissenschaftlerin, Personal Trainerin und hat einen BSc. in Psychologie. Sie hält einige sportliche Rekorde. So konnte sie 2012 als erste Frau der Welt alle vier Rennen der «Racing the Planet 4 Deserts Serie» gewinnen und lief 1000 Kilometer durch die vier grössten Wüste der Welt. Sie ist in 8h32 auf den Kilimanjaro gelaufen und konnte den damaligen Weltrekord um gute drei Stunden verbessern. Am Nordpol war sie auch und ihr Streckenrekord steht immer noch bereit, um eingeholt zu werden. Die 1978 geborene deutsche Sportlerin arbeitet mit ihrem Unternehmen all mountain fitness in St. Moritz und dem Engadin. Als Personal Trainerin ist sie für alle da, die etwas Nachhilfe in Sachen Bewegung brauchen! Aber immer mit einem Augenzwinkern. Sie hält regelmässig Vorträge zu Themen aus den Bereichen Motivation, Begeisterung und Grenzen überwinden.
www.allmountainfitness.ch
annemarieflammersfeld.blogspot.com
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