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Waren Sie auch schon von Lampenfieber betroffen? Eine nervige Krankheit. Wobei, aus medizinischer Sicht gibt es keine Krankheit, die "Lampenfieber" heisst. Und trotzdem, wer von Lampenfieber "angesteckt" wird, durchläuft für eine kurze Zeit die Hölle. Der rasende Puls vor einer anstehenden Prüfung, die kaum auszuhaltende Anspannung beim Vorstellungsgespräch oder der Schweissausbruch kurz vor der Theateraufführung. Kommt Ihnen die eine oder andere Situation bekannt vor? Mir auch, und ich habe mich gefragt, was Lampenfieber eigentlich ist und woher dieses Wort kommt. Die erste Frage ist relativ schnell geklärt und kann in Sachbüchern oder im Internet nachgelesen werden. Einfach gesagt, kann das Lampenfieber unter "Erwartungsstress" zusammengefasst werden. Eine enge Verwandte des Lampenfiebers ist die Kamera- und Mikrofonangst. Vielleicht können Sie bei der Mikrofonangst aus Selbsterfahrung mitreden. Nehmen wir zum Beispiel die Gemeindeversammlung. Seit Tagen haben Sie Ihren Text vorbereitetet und schlaflose Nächte ausgestanden und bekommen jetzt, in der Stunde der Wahrheit, das Mikrofon vor die Nase gehalten. Das kann durchaus gehörigen Stress in Form einer zittrigen Stimme auslösen. Doch nehmen Sie es locker! Sie sind in guter Gesellschaft, falls Sie unter diesem Phänomen leiden. Auch grosse Künstler wie John Lennon oder Meryl Streep waren davon betroffen. Ein gutes Mittel gegen Lampenfieber ist (das wird jedenfalls behauptet) die Routine. Ich überlasse es natürlich Ihnen, ob Sie sich jetzt jedes Mal an einer Gemeindeversammlung zu Wort melden wollen, nur um Routine zu bekommen. Falls Sie es aber dennoch tun, werden Sie eine weitere Eigenschaft dieser "Krankheit" erfahren. Nach jedem Auftritt (und dem allfälligen Applaus) ist das Fieber Knall auf Fall wie weggeblasen und eine wohltuende Wärme durchströmt Ihren Körper. Sie wissen, wovon ich spreche? Es besteht ein gewisses Suchtpotential, nicht wahr?Etwas spekulativer wird es bei der zweiten Frage: Woher kommt der Ausdruck "Lampenfieber"? Eine Theorie besagt, dass der Begriff vom französischen Wort "fièvre de rampe" abstamme, was so viel bedeutet wie Rampenfieber oder Bühnenangst. Eine zweite, aus meiner Sicht witzigere Erklärung lautet, dass Gaslampen, die früher auf Theaterbühnen für Licht sorgten, die Schauspieler durch ihre Hitze zu Schweissausbrüchen trieben, was dann zu "fièvre de lampes" - eben Lampenfieber - geführt habe.Und wenn wir schon auf den Brettern sind, die bekanntlich die Welt bedeuten: Beleuchten wir doch noch kurz den Umgang der Schauspielerinnen und Schauspieler mit diesem nervigen Lampenfieber. Sie haben nämlich ganz spezielle Rituale, um sich Glück zu wünschen. Sie spucken einander zum Beispiel links und rechts über die Schulter, was nach der Pandemie ja wieder erlaubt ist. Sie rufen sich gegenseitig "Toi,toi,toi" zu, was aber nichts mit den blauweissen Kunststoffkabinen zu tun hat. Sie wünschen sich "Hals- und Beinbruch", was es definitiv zu vermeiden gilt. Oder sie schreien sich ein "in bocca al lupo" zu, was heute allerdings falsch verstanden werden könnte, insbesondere von Schafbauern. Aber zurück zum Thema. Ein bekannter Talkmaster beantwortete einmal die Frage über seine Erfahrungen mit Lampenfieber mit folgendem tröstlichen Rat: "Nehmen Sie Lampenfieber nicht so tragisch! Es dringt weniger nach aussen, als sie denken. Von dem, was Sie fühlen, sieht der Zuschauer und die Zuschauerin nur ein Achtel."Na ja. Schöne Worte gut gesprochen. Aber ob sie helfen? Ich werde es Ihnen nach meiner nächsten Theateraufführung verraten …
Andrea Gutgsell
Andrea Gutgsell ist 1965 in Samedan geboren und aufgewachsen. Heute lebt er mit seiner Familie in Sils Maria. Als leidenschaftlicher Laienschauspieler und Moderator ist er immer wieder auf Engadiner Bühnen zu sehen. Heute arbeitet er als Pfändungsbeamter. Zum Schreiben ist er eher durch einen glücklichen Zufall gekommen. «Tod im Val Fex», erschienen im Zytglogge Verlag, ist sein erster Roman.
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