Trainieren zwischen Eukalyptusbäumen: «Für alle Langlaufliebhaber und Abenteuerlustige ist der australische Winter definitiv eine Reise wert!», findet Fabiana Wieser.
Um gleich im Vorfeld meine Frage aus dem letzten Blog zu beantworten: Nein, ich habe keine Kängurus im Schnee gesehen. Obwohl ich das definitiv der grossen Spinne im Lavabo vorgezogen hätte. Kein Wunder, dass ich danach jeweils in regelmässigen Abständen mein Zimmer kontrolliert sowie meine Schuhe ausgeklopft habe. Ich solle mir aber keine Sorgen machen, denn: Je grösser die Spinne, desto weniger giftig soll sie sein.
Bereits zwei Monate sind es her, seitdem ich im australischen Winter angekommen bin. Bei all den Eindrücken und Erlebnissen weiss ich gar nicht, wo ich mit Erzählen anfangen soll. Da sind zum einen die sportlichen Erlebnisse, wobei ich neue und wertvolle Eindrücke für mich gewinnen und zahlreiche Kilometer auf australischen Loipen sammeln konnte, mehr dazu später. Zum anderen sind es aber insbesondere die typischen, ausländischen Erfahrungen, die eine Erzählung wert sind. Man stelle sich eine Engadinerin mit Langlaufski in einer australischen 5-Millionen-Metropole vor. Ganz ehrlich, ich habe mich schon wie «Heidi aus den Bergen» gefühlt. Vom Linksfahren auf den Strassen bis hin zum australischen Dialekt gab es einige Dinge, woran ich mich gewöhnen musste. Die Grösse und das Verhältnis des Kontinents sind nur schwer vorstellbar. Ich mag mich noch an den Moment im Flugzeug erinnern, als wir über den Indischen Ozean flogen und plötzlich wieder Land in Sicht war. «Dann kann es wohl nicht mehr allzu lange dauern», so mein Gedanke. Die Flugzeit bis nach Melbourne betrug von diesem Zeitpunkt an noch ganze vier Stunden.
Angekommen in Australien, musste ich mich zuerst wieder an die kühlen, winterlichen Temperaturen gewöhnen. Während meine Freunde aus Europa auf Instagram fleissig Einblicke in den Sommer gewährten, war ich froh, meine warme Daunenjacke eingepackt zu haben. Während ich mich langsam an die Temperaturen gewöhnte, hatte ich das mit der Zeitverschiebung immer noch nicht ganz begriffen. Als ich zu Beginn nachmittags meine zweite Trainingseinheit in Angriff nahm, wurde das Tempo auf dem Rückweg jeweils drastisch erhöht – Warum? Weil es um 17 Uhr bereits stockdunkel war. Die grosse Känguru-Mutter, die mir am Vortag auf dem Land zwei Meter vor der Nase über den Weg gesprungen war, hatte mir bereits bei Tageslicht einen Mordsschrecken eingejagt. Und das schreibe ich jetzt nicht einfach, um den Text attraktiv zu gestalten – das war wirklich so! Dieses Risiko wollte ich in der Dunkelheit auf gar keinen Fall eingehen. Zudem würde ich die Spinnen oder Schlangen auch nicht sehen können – aber nun genug zu den Tieren.
Die für mich grösste Überraschung lag wohl in der Vielseitigkeit des Landes. Mag jetzt so klingen, als ob ich den gesamten Kontinent bereist hätte. In Wahrheit habe ich aber nur einen kleinen Teil gesehen, da ich hauptsächlich des Trainings wegen nach Down Under gereist bin. Und doch konnte ich in einem verhältnismässig kleinen Umkreis eine unglaubliche Vielfalt erleben. Während der Strand in Melbourne mich an Sommerurlaub erinnerte, fühlte ich mich auf der ländlichen Seite eher wie im europäischen Spätherbst. In Falls Creek, das Skiresorts, wo ich die meiste Zeit verbracht habe, war ich zweifellos im Winter angekommen. Unfassbar, dass ich hier im Juli kilometerlange, perfekt gespurte Loipen und schlichtweg perfekte Trainingsbedingungen vorfinden würde. Die ungewohnten Bäume gaben mir während meinen Trainingseinheiten immer wieder ein spezielles Gefühl. Loipen, auf denen ich mich zuhause fühlte, aber umzingelt von Eukalyptusbäumen, die bei mir irgendwie den Anschein erweckten, nicht dahin zu gehören.
Mein Fazit: Für alle Langlaufliebhaber und Abenteuerlustige ist der australische Winter definitiv eine Reise wert! Nichts desto trotz bin ich im Herzen Engadinerin und kehre immer wieder gerne ins Tal zurück, weil’s bei uns eben doch am Schönsten ist, oder? Und was ich noch vergessen habe: Wenn ich nicht verstanden hätte, dass man in Australien erst beim Verlassen der Restaurants am Ausgang bezahlt, würde ich vermutlich immer noch am Tisch auf meine Rechnung warten. Dies als abschliessender Tipp, falls ich mit diesem Blog jemanden zu einer Australien-Reise bewegen konnte.
Fabiana Wieser
Fabiana Wieser ist 26 Jahre alt und gebürtige Unterengadinerin. Sport war schon immer ihre grosse Leidenschaft. Zu Beginn war sie oft auf den Skipisten unterwegs, bis sie schliesslich ihre Passion zum Ausdauersport, aber insbesondere zum Langlaufsport, entdeckte. Sie absolvierte das Gymnasium am Hochalpinen Institut in Ftan und hat in dieser Zeit unter anderem die Spitzensport RS in Magglingen absolviert.
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