Letzte Woche habe ich noch im Yogasitz die Hüftmuskeln gedehnt, diese Woche habe ich es mal mit mentaler Achtsamkeit versucht. Und dies nicht ohne Grund: ich habe bei meinen langen Läufen festgestellt, dass mir oftmals meine Gedanken abhauen. Ja, sie nehmen gerade zu „Reiss aus“ vor mir. Ständig renne ich meinen Gedanken hinterher. Und das kann auf einem 40 Kilometer-Lauf ganz schön anstrengend werden. Mit Laufen verbindet man ja gewöhnlich eher die körperliche Ebene und die physischen Grenzen, an die man stösst. Aber es hat auch ganz viel mit dem Hirn und der mentalen Steuerzentrale zu tun. Und wenn die nicht auf „Laufen“ eingestellt ist und sich stattdessen permanent mit anderen Dingen beschäftigt, kann es sehr anstrengend werden. Gute „Long Jogs“ unterscheiden sich von schlechten, indem meine Gedanken präsent sind und zwar im „Hier und Jetzt“: Bei jedem Schritt, bei jeder Abzweigung und bei jedem Baum sind meine Gedanken präsent und laufen im Gleichschritt auf einer Höhe. Anders ist es, wenn ich schon nach 30 Minuten daran denke, dass ja noch mindestens 3 Stunden und 30 Kilometer folgen werden. Wenn meine Gedanken mal wieder Beine kriegen, kann es sein, dass ich sie lautstark zurückrufe. Es kostet einfach zu viel Kraft, ständig daran zu denken, wie schön es wäre, wenn ich jetzt schon wieder auf dem Rückweg wäre. Denn wäre ich jetzt schon auf dem Rückweg, so würde ich daran denken, wie schön es wäre, endlich zu Hause zu sein. Das meine ich damit, wenn ich schreibe, dass es zu viel Energie kostet, wenn man nicht im „Hier und Jetzt“ ist und die Gedanken sich nicht mit dem Wesentlichen beschäftigen. Achtsamkeit ist ein Thema, mit dem man auch im Alltag nur gewinnen kann. Wer kennt es nicht, fünf Dinge gleichzeitig zu tun. Während eines Gesprächs mal schnell Mails checken; während des Kochens telefonieren; während des Zähneputzens die Wohnung aufräumen. Man nennt diese Eigenschaft auch „Multitasking“. Kann ja ganz praktisch sein, mehrere Dinge gleichzeitig zu tun. Macht man ja eigentlich auch ständig: über die Strasse gehen (gehen), dabei aufpassen, nicht überfahren zu werden (aufpassen), währenddessen vielleicht noch telefonieren (telefonieren) und noch atmen (atmen).... Wir Menschen können das! Und das ist auch toll! Ich finde aber, dass es sich lohnt, mal nicht alles gleichzeitig zu machen: Mal etwas ganz bewusst tun. Mal einfach nur atmen. Mal einfach nur auf dem Sofa sitzen. Mal einfach nur lesen. Mal einfach nur joggen. Es ist ein tolles und befreiendes Gefühl und die Qualität bekommt eine neue Wertung. Die Gedanken werden ruhiger, der Geist entspannt sich und dann fühlt sich auch ein 40km-Long-Jog gar nicht mehr so schlimm an. In diesem Sinne wünsche ich euch eine achtsame Woche. Mein Musiktipp: Nick Mulvey „Fever to the form“
Anne-Marie Flammersfeld
Anne-Marie Flammersfeld ist Diplom-Sportwissenschaftlerin, Personal Trainerin und hat einen BSc. in Psychologie. Sie hält einige sportliche Rekorde. So konnte sie 2012 als erste Frau der Welt alle vier Rennen der «Racing the Planet 4 Deserts Serie» gewinnen und lief 1000 Kilometer durch die vier grössten Wüste der Welt. Sie ist in 8h32 auf den Kilimanjaro gelaufen und konnte den damaligen Weltrekord um gute drei Stunden verbessern. Am Nordpol war sie auch und ihr Streckenrekord steht immer noch bereit, um eingeholt zu werden. Die 1978 geborene deutsche Sportlerin arbeitet mit ihrem Unternehmen all mountain fitness in St. Moritz und dem Engadin. Als Personal Trainerin ist sie für alle da, die etwas Nachhilfe in Sachen Bewegung brauchen! Aber immer mit einem Augenzwinkern. Sie hält regelmässig Vorträge zu Themen aus den Bereichen Motivation, Begeisterung und Grenzen überwinden.
www.allmountainfitness.ch
annemarieflammersfeld.blogspot.com
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