Backe backe Kuchen

Ich koche und backe nicht ungern. Wenn ich aber in der Küche stehe, dann meist alleine. Denn ich bin ein Koch oder Bäcker, der äusserst strukturiert vorgeht. Herumstehendes Geschirr ist mir ebenso ein Gräuel wie Handgelenk mal Pi-Kochen ohne eine sorgfältige Mise en place. Was meine Mitbewohnerinnen und Mitbewohner regelmässig in die Flucht treibt – zumindest bis das Gekochte oder Gebackene auf dem Tisch steht. Ja, ich stehe dazu, das Kochbuch ist mein Heiliger Gral, es gibt mir den Weg vor, von dem ich nicht abweiche.

Kürzlich habe ich mich an einen Aprikosen-Streuselkuchen gewagt. Ich liebe Aprikosen-Streuselkuchen über alles. Er weckt Erinnerungen an früher und die köstlichen Streuselkuchen unserer deuschen Grossmutter. Nun, ganz so hoch setze ich die Messlatte nicht, der Applaus meiner Familie genügt.

Das Rezept, welches ich ausgesucht habe, tönt easy. Einzig bei der Menge bin ich etwas verunsichert. Haben die Rezept-Schreiberinnen die gleiche Backform, wie sie bei uns im Haushalt steht? Doch alles kein Problem dank den heutigen Gadgets. «Backformen-Umrechner» heisst das Zauberwort. Ich tippe Länge, Breite und Höhe der Backform in mein Handy ein und erhalte im Nu die neuen Mengen für die Zutaten.

Genial, eigentlich. Aber wie bitte messe ich 328 Gramm Mehl ab mit unserer alten Küchenwaage? Oder füge 5 ⅞ Esslöffel Zucker bei? Richtig schwierig wird es bei den Eiern. 2 ⅞ Eier verlangt das Rezept. Nach langem Zweifeln – Sie wissen, das Rezept, mein Gral – schmeisse ich drei Eier in die Masse in der Hoffnung, dass es trotzdem gut kommt.

Und es kommt gut. Und wie. Die feuchten Aprikosen, der leicht süssliche Kuchenboden, die knusprigen, mit Amaretto angereicherten Streusel, die Mandelblättchen als Deko – Wahnsinn! Der beste Aprikosen-Streuselkuchen ever. Zweifeln Sie daran? Beweisen Sie mir das Gegenteil. Top, die Wette gilt.

Autor: Reto Stifel
Foto: www.shutterstock.com/NoirChocolate