«Finnland: Jedem sein Töpfchen- auch auf öffentlichen Toiletten.» (Ruth Bossart)
Absolut unbestritten – die WC-Weltmeister sind die Japaner. Nicht nur findet sich auf jedem Kinderspielplatz ein sauberes Klo, sie sind auch High-Tech-Schüsseln, die ihresgleichen suchen. Lieber Mozart oder Wasserfallrauschen? Auf dem Display treffe ich meine Wahl, um unerwünschte Geräusche zu übertönen. Kaum setzt man sich, fängt die Unterhaltung an, gesteuert von Sensoren. Und so – man kann es sich lebhaft vorstellen – erschallt auf einer öffentlichen WC-Anlage eine wahre Kakophonie aus Mozart im Kanon mit künstlichem Wasserrauschen. Diese WC-Beschallung wurde übrigens erfunden, da in vordigitaler Zeit die scheuen japanischen Damen aus Angst vor störenden Geräuschen jeweils nonstop die Spülung tätigten. Und da man in Japan bewusst mit den Ressourcen umgeht, musste eine neue Erfindung her. Angenehm übrigens auch, die vorgewärmten WC-Brillen, die einem im kalten Winter kaum mehr aufstehen lassen. Der Japaner hat nicht nur Sinn für absolute Sauberkeit und Rücksicht, sondern auch für Innovation, Komfort und Luxus. Dass sich Kinderfreundlichkeit nicht auf Hochstühle im Restaurant, Spielecken in der Bank oder niedrige Lavabos im Kaufhaus beschränkt, kann man in den finnischen Intercity-Zügen erleben: in jedem WC steht ein kleines rotes Töpfchen, daneben ein Schoppenwärmer und ein Wickeltisch – alles proper und glänzend sauber. Einen Kulturschock erlebt, wer sich im ländlichen China auf eine öffentliche WC-Anlage wagt. Die Aborte sind kommunale, mehrere Meter lange Gruben, etwas ausserhalb des Dorfes. Die Frauen reihen sich auf, der beissende Ammoniakgeruch ist kaum zu ignorieren. Es wird geschnattert und getratscht – und die Ausländerin ohne Hemmungen oder Scheu begafft, besprochen, belacht. Nicht, dass Chinesen per se unhöflich wären, doch ihr Verhalten mutet oft laut, manchmal sogar grob an. Dass man im Ausland auf den Toiletten nicht auf den Boden spukt, ist meist bekannt. Gefurzt und geschnudert wird, aber ohne Scheu und Hemmungen – zumindest auf dem Damenklo – egal ob im heimischen China oder im Bergrestaurant in der Schweiz.
Dass frau auf dem WC keinen Spass versteht, erfuhr ich kürzlich in Köln. Eine bekannte Konditorei hat unübliche Toiletten installiert: die Türen sind durchsichtig – und erst wenn sie verriegelt werden, verhindert ein Gegenlicht den Durchblick. Doch das muss man erst mal rausfinden. Die WC-Dame, die die Toilettengebühr einzieht, erzählte mir von wüsten Beschimpfungen und Frustrierten, die ihr Geld zurückforderten. Ich fand die WC-Landschaft witzig und unterhaltsam – und vor allem sehr erstaunlich in einem Land, das ja nicht bekannt ist für grosse Experimente und schon gar nicht auf dem Feld der intimen Verrichtungen. Ein Kränzchen geflochten gehört auch der Traditions-Konditorei neben dem Dom für den Mut einer solchen Einrichtung. Ohne Firlefanz verrichtet frau ihr Geschäft in der Türkei: Sie muss einzig entscheiden, ob sie eine Schüssel oder ein Plumpsklo will. Letztere werden «WC a la Turka» genannt. Sie sind für jene gedacht, die ihren Körper unter knöchellangen Stoffmänteln verbergen. Häufig fehlt die automatische Wasserspülung, gereinigt wird mit einem Wasserschöpfgefäss und Bürste. Gewöhnungsbedürftig ist, dass Türkinnen ihre Türe oft nicht verschliessen. Darum: Wer sich vor peinlichen Anblicken schützen will, klopft vorsichtshalber an jede Tür, auch wenn sie «frei» anzeigt. Übrigens: Eine Toilette muss man in der Türkei selten lange suchen – frau geht einfach der Nase nach.Ruth Bossart
Ruth Bossart ist Historikerin und lebt mit ihrem Mann und Sohn Samuel seit diesem Frühjahr in Bern. Zuvor berichtete sie für das Schweizer Fernsehen aus Indien. Laufen, Ski- und Velofahren gelernt hat Samuel in Pontresina und Zuoz, bevor die Familie 2010 nach Singapur und später in die Türkei zog. Jedes Jahr verbringen die Drei aber immer noch mehrere Wochen im Engadin – nun nicht mehr als Einheimische, sondern als Touristen.
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