Getreu dem Motto dieser Rubrik, veranstalte ich jetzt einen Perspektivenwechsel. Für heute schicke ich Ihnen liebe Grüsse aus einem Loch. Wie dieses Loch genau entstanden ist, weiss ich nicht. Könnte sein, dass jemand einen Swimming Pool bauen wollte, dafür ein Loch ausgehoben hat, und dieses dann vergessen hat. Nur eine Frage der Zeit also, bis jemand reinstolpert. Diese Art von Loch nennt man übrigens auch Sommerloch. Nicht zu verwechseln mit dem Januarloch, der Sauregurkenzeit oder dem Mailoch im Engadin. Das Sommerloch ist definiert durch eine nachrichtenarme Zeit, vor allem in den Medien, weil einfach zu wenig Interessantes passiert. Gleiches gilt auch für meine Blogarbeit: Ideenfreie Zeit, verursacht durch Semesterferien, drückende Hitze und deshalb langsamerem Gehirn. Da sitze ich nun seit Wochen in diesem Loch, und überlege, und überlege, was ich Ihnen erzählen könnte. Aber auch wenn man noch so intensiv überlegt, kommt nicht immer etwas Gescheites raus. Zum Beispiel als jemand auf die Idee kam, das Sommerloch mit einem Blumentopf zu stopfen:
//www.sueddeutsche.de/medien/der-blumenkuebel-aus-neuenkirchen-scherben-bringen-klicks-1.985209
Ich könnte Ihnen eigentlich schon Blumentopf-mässige Geschichten aus meinem Alltag erzählen. Also Geschichten, die unter normalen Umständen niemals den Weg in einen öffentlich lesbaren schriftlichen Erguss finden würden. Beispielsweise könnte ich Sie mit einer weiteren Episode aus meiner Serie: Mieten-Wohnen-Ausziehen langweilen. Diesmal mit der Folge: "Wie kann ich eine Kündigung im Hinterhalt planen, sodass meine Mitbewohnerinnen nichts mitkriegen?" Nein, das würde menschliche Abgründe zu stark in den Vordergrund stellen.
Ich könnte Ihnen auch von meinem Arbeitsleben erzählen, momentan gerade in einer fantasievollen Minifirma. Dort wird man manchmal mit einer Schatzsuche beauftragt: „Auf dem Bürotisch liegen drei Mäppchen. Eines enthält Briefe, die aufgegeben werden müssen. Eines Seiten, die kopiert werden müssen, und das dritte Unterlagen zur Durchsicht.“ Angekommen, eröffnet sich eine farbenfrohe Welt aus Mäppchen, welche in Mäppchen, in Mäppchen, in Mäppchen liegen. Nun soll mal einer das Richtige finden. Nein, diese Geschichte würde zu lange dauern.
Ich könnte Ihnen auch von meinem neuen senfgelben Sommerkleid erzählen, welches so schön luftig-leicht die Knie umspielt, und am Rücken mit einer hübschen Schleife gebunden wird, und vorne mit goldenen Knöpfen zugeknöpft wird…. Nein, das wäre zu Gelb. Ausserdem hatten wir das Thema Gelb ja schon.
Ich könnte Ihnen auch vom neuesten Ausbruchsversuch meiner kleinen Hündin erzählen. Nachdem ihr der Tag wohl nicht actionreich genug erschienen war, befand sie, dass sie beim abendlichen Spaziergang entwischen müsse. Nach einer halben Stunde Verfolgungsjagd um das Haus des Nachbars, durch Hecken und Wald, ergab sie sich schliesslich mitten auf der Strasse, angesichts eines VW-Busses, der einen Meter vor ihrer Nase anhalten musste. Aber diese Geschichte ist viel zu gefährlich, ich mag eigentlich gar nicht daran denken.
Ich könnte Ihnen auch von meinem neuesten Kocherlebnis erzählen. Als ich gerade Mittagessen kochte, seilte sich eine kleine graue Spinne vom Dampfabzug, und vor meinen staunenden Augen direkt in die Bratpfanne ab. Leider erwischte sie als Landeplatz einen Tropfen Ölund wurde knusprig braun frittiert. Das Ganze geschah so schnell, und war irgendwie so absurd, dass ich der kleinen Spinne leider nicht helfen konnte. Die Beweggründe dieser Spinne erscheinen mir im Nachhinein auch schleierhaft: Hatte sie Hunger? Oder war das ein Unfall? Oder beabsichtigte Selbstfrittierung?
Aber anstatt hier Chrüsi-Müsi Nachrichten zu präsentieren habe ich eine bessere Idee: Vielleicht lasse ich das Sommerloch einfach Sommerloch sein. Geniessen wir die denkfreie Zeit, und ehe man sichs versieht ist die Arbeit schon getan, oder der Text bereits geschrieben.
Ich werde dann einfach mal die Beine hochlagern, die Augen schliessen, die Ruhe in meinem Loch geniessenund darauf aufpassen, dass mich kein Sonnenbrand erwischt. Wir sehen uns im Herbst wieder!
Carla Sabato
Carla Sabato ist Studentin, ehemalige Praktikantin bei der Engadiner Post, Hobbyfotografin (liebend gerne in der Dunkelkammer), stolze Vegetarierin, Yoga-Praktizierende, Verfechterin gemässigter Klimazonen, Frühaufsteherin, Hundehalterin, Pragmatikerin, schwarze Rollkragenpullover Trägerin, Teilzeit Existentialistin, Raus-aber-richtig-Frau, schlechte Autolenkerin und Möchtegern-Vancouverite.
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