Ferienwohnungen für 15 000 Personen in der Silserebene? Das ist keine Science Fiction. Im Zonenplan von 1963 waren weite Teile der Silserebene als Bauzone ausgeschieden, ein solch desaströses Projekt hätte umgesetzt werden können. Wenig erstaunlich, wenn man weiss, dass es auf eidgenössischer Ebene erst seit 1980 ein Raumplanungsgesetz gibt. Ein Regelwerk also, welches, etwas vereinfacht gesagt, versucht, die verschiedenen Nutzungsansprüche unter einen Hut zu bringen. Die EP/PL hat sich in den vergangenen Wochen in verschiedenen Beiträgen mit dem Thema Planungs- und Baukultur auseinandergesetzt. Im Wissen, dass heute viel griffigere Instrumente zur Verfügung stehen, um gestalterische Qualität einzuverlangen und umzusetzen. Aber auch vor dem Hintergrund, dass die akute Wohnungsnot dazu führen dürfte, dass in den kommenden Jahren rasch viel neuer Wohnraum auf der «grünen Wiese» entsteht. Denn seit das Thema wieder aktuell ist, zeigt sich, dass etliche Gemeinden durchaus Landreserven besitzen, welche nun bebaut werden sollen. Das Areal Du Lac in St. Moritz ist ein Beispiel, das Gebiet Foppas Ost in Silvaplana ein anderes.
Dass zu rascher Wohnungsbau der Qualität nicht förderlich ist, haben beispielsweise die 1960er-Jahre gezeigt. Stichworte damals waren das schnelle Wachstum im Dienstleistungssektor, die Einführung des Stockwerkeigentums oder später der boomende Zweitwohnungsbau. Und heute? Die Gefahr besteht, dass angesichts der Dringlichkeit von neuem Wohnraum gestalterische Aspekte in den Hintergrund rücken. Dabei wäre gerade die öffentliche Hand gefordert – und gemäss Submissionsgesetz oft auch verpflichtet – trotz Zeitdruck der Qualität beim Bauen besonderen Nachdruck zu verleihen.
Ein Fachgremium auf regionaler Ebene könnte ein Ansatz sein. Nicht in Konkurrenz zu den bestehenden Gremien. Sondern als fachliche Unterstützung für die kommunalen Baubehörden, deren Mitglieder oft nicht über das fachspezifische Wissen verfügen. Wer die Umfrage auf den Seiten 4 und 5 dieser Ausgabe liest, sollte sich aber keine Illusionen machen. Die Gemeindeautonomie steht auch in dieser Frage über dem regionalen Denken. Immerhin: Die Sensibilität für Qualität beim Bauen scheint bei allen Gemeinden vorhanden. Und das ist schon mal erfreulich.
Autor: Reto Stifel
Foto: Daniel Zaugg
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