Vor vier Monaten habe ich an dieser Stelle von unserer neuen Mitbewohnerin, einer Maus geschrieben. Zur Erinnerung: Kater fängt Maus, Maus befreit sich, Maus versteckt sich im sicheren Kellerabteil, Mann will die Maus fangen, Frau will sie füttern. Das Resultat nach 120 Tagen: Die Maus ist immer noch unter uns. Sagt zumindest meine Frau, die ihr jeden Abend ein kleines Schälchen mit gesundem Futter hinstellt. Haferflocken, Amarant, Salatblätter, Fenchel, Baumnüsse. Mus musculus, so der lateinische Namen für den kleinen Nager (ja, ich hab‘s gegoogelt), freut sich über die reiche Tafel, bis am nächsten Abend ist alles weggefressen. Sagt meine Frau. Denn gesehen hat auch sie die Maus nicht mehr, seit sie unser Moudi angeschleppt hat. Jagen wir nicht einfach einem Phantom hinterher? Nur, wer würde sich dann an Hafer, Amarant, Fenchel Salat und Baumnüssen gütlich tun? Mysteriös.
So oder so. Das Herrenleben und die Zeiten des Schmarotzertums sind vorbei. Der Familienrat ist zu folgendem Entscheid gekommen: Maus muss raus. Ostern, das Fest der Auferstehung, scheint der richtige Zeitpunkt, die Falle zu richten. Keine der bereits vor vier Monaten beschriebenen Methoden kommt zur Anwendung. Also kein Tod durch Erfrieren, kein Tod durch Erschiessen und kein Tod durch Festkleben – zur Erinnerung, wir feiern an diese Wochenende ein wichtiges christliches Fest. Nein, auf Schwiegermutters Dachstock haben wir eine Mäusefalle gefunden, die jegliche tierschutzrechtlichen Auflagen erfüllt. Statt im Schälchen liegt das Futter in der Falle, Maus spaziert rein, Mechanismus löst aus, Türchen geht zu, Maus ist gefangen, Maus wird ausgewildert.
Wo sie hoffentlich noch viele schöne Tage in der freien Natur geniessen kann. So zumindest die Theorie. Die Praxis sagt, dass die Falle auch nach zwei Tagen immer noch leer ist. Also doch ein Phantom?
Affaires à suivre ...

Autor und Foto: Reto Stifel

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