Fast 90 Prozent der Stimmberechtigten der Region Maloja haben sich vor gut fünf Jahren für mehr Transparenz entschieden. Seither tagt die regionale Präsidentenkonferenz nicht mehr hinter verschlossenen Türen. Mit zwei Ausnahmen: Wenn private, schutzwürdige Interessen vorgehen – dieser Punkt ist nachvollziehbar und unbestritten. Auch ausgeschlossen werden kann die Öffentlichkeit «aus wichtigen öffentlichen Interessen». 

Was aber bedeutet das und ist das nicht ein Widerspruch in sich? Der Interpretationsspielraum bei der Frage, wann die Öffentlichkeit ausgeschlossen wird, ist gross, und wie verschiedene Beispiele aus den vergangenen Monaten und Jahren zeigten, wird er seitens der Behörde offensiv genutzt. 

Wenn die Gemeindepräsidentinnen und Gemeindepräsidenten am kommenden Donnerstag eine Arbeitsgruppe einsetzen, um das Thema «Regionale Zusammenarbeit» anzugehen, gehört das in den öffentlichen Teil. Seitens der Region Maloja hingegen wird argumentiert, dass Sachgeschäfte, die vorberaten werden, nicht in die Öffentlichkeit gehören, damit an der Sitzung ein freier Meinungsaustausch möglich ist und verschiedene Varianten diskutiert werden können. 

Das aber ist ein offensichtlicher Widerspruch zu dem, was in der Botschaft steht und stärkt das Vertrauen in die Institution eben gerade nicht. Denn als Stimmbürger muss ich nachvollziehen können, welche Argumente in eine Diskussion eingebracht werden und wer welche Positionen vertritt. Der Weg zum Entscheid ist mindestens so wichtig wie das Resultat. 

Dass die Region nach der Sitzung mittels einer Medienmitteilung informieren will, genügt nicht. Denn dort wird das kommuniziert, was die Behörde kommunizieren will. Überprüfen lässt sich das wegen des Ausschlusses der Öffentlichkeit nicht. Das ist dann die «amtlich bewilligte Berichterstattung», wie sie auch in einem kürzlich erschienenen Artikel zum Zustand des Lokaljournalismus in der NZZ kritisiert worden war.

Gerade der Journalismus auf der untersten Staatsebene ist eminent wichtig. Wo sonst sollen sich die Bürgerinnen und Bürger darüber informieren, wie Entscheide gefällt werden, wenn nicht über lokale Medien, welche mit Journalistinnen und Journalisten bei solchen Sitzungen vor Ort sind und unabhängig und kritisch darüber berichten? Die Rolle des Lokaljournalismus als Vierte Gewalt in der Gemeinde- und Regionalpolitik darf nicht beschnitten werden. 

Dieser Grundsatz ist auch in der Abstimmungsbotschaft von 2018 festgehalten. Dort steht unter anderem geschrieben, «dass die Einführung der Sitzungsöffentlichkeit im Interesse der Stärkung des Vertrauens in das staatliche Handeln und im Interesse der demokratischen Rechte und damit auch im Interesse der positiven Entwicklung der Region liegt».

Die Statuten erlauben sehr viel, wenn es um die Frage geht, welche Geschäfte der Öffentlichkeit entzogen werden können. Es ist in der Verantwortung der Gemeindepräsidentinnen und Gemeindepräsidenten, von dieser Möglichkeit nur äusserst zurückhaltend Gebrauch zu machen. 

Alles andere ist Politisieren in der Dunkelkammer. Und das kann weder im Interesse der Exekutive und schon gar nicht im Interesse der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger sein. 

Autor: Reto Stifel
Foto: www.shutterstock.com/StefaniaArca

r.stifel@engadinerpost.ch