Schon bald werden sich die Lärchen im Engadin wieder goldig verfärben und damit Gäste wie Einheimische entzücken. Doch schon seit einigen Wochen ist eine ungewöhnliche «goldene» Färbung bei den Fichtennadeln zu beobachten. Das löst zum Teil Besorgnis bei zahlreichen Wanderern und Naturfreunden aus. Dabei handelt es sich um den Fichtenrostpilz. Der häufigste Rostpilz ist dabei der Fichtennadelblasenrost (Chrysomyxa rhododendri).
Wo Alpenrosen wachsen
Betroffen sind vor allem diesjährige Triebe und junge Bäume. «Das Verbreitungsgebiet liegt in Gebieten, wo die Alpenrose wächst», erklärt die Forstingenieurin Anna Mathis aus Scuol. Derzeit kann man die «goldenen Fichten» im Unterengadin, vor allem oberhalb von Tarasp beobachten. «In diesem Gebiet bis auf 2000 Metern kommen viele Alpenrosen vor», sagt Anna Mathis. Der Pilz mache mit Heidekrautgewächsen, zu denen die Alpenrose zählt, einen Wirtswechsel. Das heisst, «während den Wintermonaten bietet die Alpenrose beste Bedingungen, bevor der Pilz dann auf die Nadeln der Fichte übergehen kann und bevorzugt junge Bäume infiziert», erklärt Mathis. Die infizierten Triebe verfärben sich im Spätsommer dann gelb-braun und die Nadeln fallen im Winter ab. «Die Knospen sind aber nicht betroffen», sagt die Fachfrau. Somit treiben diese im Folgejahr wieder normal aus. Im vergangenen Jahr konnte das auch vermehrt in Zernez beobachtet werden.
Kein Grund zur Sorge
Grund zur Sorge gäbe es aber nicht. «Als einheimische Art gehört der Pilz zum natürlichen Ökosystem der Bergwälder», erklärt Ludwig Beenken vom WSL in Davos. «Für gesunde Bäume stellt der Pilz also keine Gefahr dar.» Wiederholter Befall könne jedoch zu Wachstumseinbussen führen. Und «Jungbäume können nach wiederholtem starkem Befall sogar eingehen», so Beenken weiter. «Dass es derzeit im Unterengadin zu vermehrtem Auftreten kommt, hängt auch von der Witterung zum Zeitpunkt der Infektion ab.» Pilzsporen benötigen zum Keimen Feuchtigkeit. «Somit könnte das feuchte Wetter im Frühjahr dazu beigetragen haben», so Beenken. Eine konkrete Studienlage zum Fichtenrost ist dem Experten aber nicht bekannt. Und ob dieses Jahr ein «besonderes gutes Fichtenrostjahr» ist, kann Beenken noch nicht sagen. «Die Umfragen dazu werden erst im Herbst an die Forstreviere geschickt.»
Autor: Mayk Wendt
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