Freitagmorgen, 9 Uhr, in einem voll besetzten Raum der Academia Engiadina in Samedan. Die siebenköpfige Geschäftsleitung von Smartwood sitzt hinter Laptops mit Firmenlogo: eine goldene Feder auf dunkelblauem Hintergrund. In Dunkelblau sind auch die Mitglieder der Geschäftsleitung gekleidet, deren Namen und Funktionen auf Schildern zu lesen sind. Heute findet die Investorenkonferenz statt. Gespannt warten die Anwesenden auf die Zahlen und Fakten zum Geschäftsverlauf von Smartwood.
Die Firma stellt einen digitalen Stift her, welcher handgeschriebene Notizen sofort digital übermittelt. «Unser Unternehmen steht für Innovation, Nachhaltigkeit sowie gesellschaftliche Verantwortung, und das nicht nur auf dem Papier, sondern in all unseren Produkten und unserem Handeln», sagt eine junge Frau. Sie präsentiert gleich zum Konferenzbeginn die Vision von Smartwood: «Wir möchten die Art und Weise, wie Menschen schreiben und arbeiten, revolutionieren – in einem einfachen, aber wirksamen Schritt in die digitale Zukunft.» Die Investorinnen und Investoren wirken interessiert und hören konzentriert zu.
Nachhaltig und fair
Nacheinander stellen die Mitglieder der Geschäftsleitung ihre Ergebnisse aus den vergangenen Jahren vor. Der Marketingverantwortliche betont, dass Qualität und Zugänglichkeit im Mittelpunkt der Unternehmensstrategie stehen. Er präsentiert die Website und die Social-Media-Kampagne von Smartwood. Sogar ein Werbefilm wird gezeigt.
Neben natürlichen Materialien und umweltschonender Produktion ist ein weiteres Ziel des Unternehmens, die Bildung zu demokratisieren. Ein Mitglied der Geschäftsleitung erklärt zudem, dass im Unternehmen Wert auf faire Entlöhnung und Freiraum für Kreativität und individuelles Potenzial gesetzt wird. «Ein Unternehmen ist nur so stark wie seine Mitarbeitenden.
Marktveränderungen mitgestalten
Professionell wirkt die Führungsetage von Smartwood auch bei der Präsentation der Zahlen. «Unser Fokus liegt auf einen konstant hohen Qualitätsstandard, denn wir sind überzeugt, dass gute Qualität und faire Preisgestaltung kein Widerspruch sind», sagt die CFO. Sie spricht von Umsatzsteigerung, Reingewinn, Liquidität, Investitionen, Dividenden und Kapitalrendite. Und erzählt vom positiven Geschäftsverlauf, nachdem die Firma ins Ausland expandiert hat. Die Produktionsverantwortliche wiederum informiert über optimierte operative Abläufe, Modernisierungsprozesse und Kosteneffizienz in allen Geschäftsbereichen. «Wir investieren in Innovation mit dem Ziel, die Marktveränderungen aktiv mitzugestalten.»
Der CEO schliesst die Präsentation mit einem Zitat: «Der beste Tag, um einen Baum zu pflanzen, war vor 20 Jahren, der zweitbeste ist jetzt.» Dann steht der Apéro bereit.
Die Wirtschaftswelt kennenlernen
Wer den Ausführungen der Smartwood-Geschäftsleitung gelauscht hat, vergisst beinahe, dass die Firma fiktiv ist und 16- und 17-jährige Jugendliche hinter den Laptops sitzen. Es handelt sich um eine Simulation im Rahmen der Wirtschaftswoche. «Das Ziel der Wirtschaftswoche ist, dass die Schülerinnen und Schüler die Realität der Wirtschaftswelt kennenlernen, erklärt Rektor Fadri Guidon, der ebenfalls an der Investorenkonferenz teilnimmt.»
Gecoacht werden die Jugendlichen von freiwilligen Spielleitern aus der wirtschaftlichen Praxis. Die Schülerinnen und Schüler agieren als Geschäftsleitungen von mehreren konkurrenzierenden Produktionsbetrieben. Sie entwickeln ihre eigenen Unternehmensstrategien und treffen über fünf Geschäftsjahre hinweg alle relevanten operativen Entscheidungen. Nach Smartwood werden noch die Geschäftsleitungen von vier weiteren Firmen auftreten.
Wirtschaft in die Schulen bringen
Im Publikum sitzt Cathrin Moser von wirtschaftsbildung.ch. Der gemeinnützige Verein ist zuständig für die Organisation der Wirtschaftswoche, die in der ganzen Schweiz in Gymnasien und Fachmittelschulen durchgeführt werden. «Wir wollen die Wirtschaft in die Schulen bringen, vom wirtschaftlichen Basiswissen bis zu wirtschaftlichen Zielkonflikten», erklärt sie. Cathrin Moser stellt fest, dass die Lernkurve bei den Jugendlichen jeweils steil ist: «Ich bin jedes Mal wieder beeindruckt, wie die Jugendlichen an das Thema Wirtschaft herangehen.»
Sehr komplex und sehr real
Für die Unternehmenssimulation gibt es insgesamt 400 freiwillige Spielleiterinnen und Spielleiter. Diese werden vom Verein ausgebildet. Renato Saredi betreut bei der UBS institutionelle Kunden in der Region Zürich/Ostschweiz. Er hat die Ausbildung zum Spielleiter im vergangenen Sommer gemacht. An der Academia Engiadina darf er seine erste Simulation leiten. «Ich war sofort begeistert vom Konzept, denn junge Menschen wissen in der Regel zu wenig über die Wirtschaftswelt», sagt er. Die Simulation sei sehr komplex und sehr real gestaltet. Am Anfang verstünden die meisten nur Bahnhof. Es sei spannend zu sehen, wie das Team im Laufe von nur einer Woche immer besser funktioniere und wie plötzlich ein Verständnis vorhanden sei.
Peter Kurattli war beruflich ebenfalls im Banksektor tätig und ist heute in der konzeptionellen Finanzplanung tätig. «Ich bin mit Leidenschaft Spielleiter der Wirtschaftswoche», sagt er. Ihm gehe es darum, aufzuzeigen, was im Alltag wichtig ist, vom Auftritt bis zur Sozialkompetenz. «Wenn man am Freitagvormittag jeweils sieht, was die Jungen alles gelernt haben, darf man stolz auf sie sein», meint er. Die Schülerinnen und Schüler würden nicht nur lernen, ein Produkt zu verkaufen, sondern vor allem sich selbst gut zu verkaufen.
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