Graubünden ist ein Kulturkanton. Ein Blick auf die kulturelle Landschaft zeigt eine sehr grosse Vielfalt an Musikgesellschaften, Theatervereinen, Chören, Sing- und Musikschulen, Trachten- und Kindertanzgruppen. Hinzu kommen Museen, Kulturarchive, Galerien, Schul- und Gemeindebibliotheken. Es gibt auch eine bemerkenswerte Fülle an Kulturschaffenden aus allen Sparten, von Kunst über Literatur zu Musik und Film. Das Gesetz über die Förderung der Kultur beauftragt den Kanton, das kulturelle Leben sowohl im Amateur- als auch im professionellen Bereich umfassend zu unterstützen und zu fördern.
Alle vier Jahre beschliesst der Grosse Rat auf Antrag der Regierung ein umfassendes Konzept zur Förderung von Kultur im Kanton. Die Diskussion im Grossen Rat drehte sich am Dienstag primär um die Bedeutung und die Finanzierung der kantonalen Kulturförderung.
Stärkung der kulturellen Teilhabe
Das Kulturförderungskonzept 2025 – 2028 unterscheidet sich nicht gross zu jenem der Periode 2021-2024. Laut den Voten aus fast allen Fraktionen hat sich das Kulturförderkonzept bewährt. Auch in Zukunft soll der Fokus auf drei Förderschwerpunkte gelegt werden. Erstens, der Kanton stärkt die kulturelle Teilhabe aller Bevölkerungskreise. Zweitens, der Kanton stärkt die sprachliche und regionale Vielfalt im Kulturschaffen. Und drittens, der Kanton stärkt die Produktionsbedingungen für das Kulturschaffen.
In der Botschaft heisst es zum ersten Förderschwerpunkt: «Die kantonale Kulturförderung unterstützt die Bestrebungen, Kultur möglichst breiten Kreisen der Bevölkerung, vor allem auch Kindern und Jugendlichen zugänglich zu machen, dies unabhängig von Herkunft, Bildungsstand oder Geschlecht».
Identitätsstiftend und verbindend
Zum zweiten Schwerpunkt heisst es: «Regionales kulturelles Brauchtum und gelebte Traditionen, die Pflege des (bau)kulturellen Erbes, des kulturellen Gedächtnisses und die Vermittlung zeitgenössischen Kunst- und Kulturschaffens stärken die Identität der Bewohnerinnen und Bewohner und der Region». Ein vitales Kulturleben trage zur Attraktivität der Regionen bei, wirke der Abwanderung entgegen und ziehe Zuwandernde an.
Graubünden soll als Wohn-, Arbeits- und Werkplatz von Künstlerinnen und Kulturschaffenden gestärkt werden. «Für die Durchführung vieler kultureller Vorhaben benötigen die Kulturschaffenden und -institutionen nebst finanzieller Unterstützung bei der Projektentwicklung und -durchführung auch zeitgemäss ausgestattete Infrastrukturen sowie Planungssicherheit», heisst es in der Botschaft.
Viel Rückendeckung für Regierung
Über die Finanzierung der zweiten Periode des Kulturförderungskonzepts entscheidet der Grosse Rat bei der Budgetdebatte in der Dezembersession. Um die zunehmenden Kosten für die Kulturförderung ging es aber bereits in der Eintretensdebatte zur Vorlage. In den zahlreichen Voten stellte sich heraus, dass viele Grossrätinnen und Grossräte in der Laienkultur oder bei kulturellen Institutionen aktiv sind. Sie alle unterstrichen die Bedeutung von Kultur als Gesellschaftskitt, als Integrationsmittel und auch als Wertschöpfungsmotor. So bezeichnete Patrik Degiacomi von der SP-Fraktion die Kultur als «Salz in der Suppe der Gesellschaft». Kevin Brunold von der Mitte betonte: «Tourismus fördern bedeutet, dass man die Kultur fördern muss.» Und auch Nora Saratz Cazin von der GLP meinte: «Die Investitionen in unsere Kultur sind eine wichtige Investition in unsere Zukunft».
Christian Kasper von der FDP durfte das erste Kulturförderungskonzept der KPK eng begleiten. Die Sprechung von drei Millionen Franken für diese erste Periode bezeichnete er als eine weitsichtige Entscheidung des Grossen Rats. Kulturförderung sei eine Verbundaufgabe von Kanton und Gemeinden. «Den Kulturschaffenden muss man Sorge tragen, man muss sie unterstützen, das ist zukunftsgerichtetes Denken.»
Kritik vonseiten der SVP-Fraktion
Auch die SVP-Fraktion erachtet die Kultur als wichtig, stellt aber die Höhe der Förderbeiträge infrage. So meinte Grossrat Reto Rauch, dass die Kulturausgaben von Periode zu Periode steigen. «Die SVP-Fraktion wird die Erhöhung der Förderbeiträge über die Hintertüre bekämpfen», sagte er.
Grossrat Stefan Metzger wies darauf hin, dass der Kanton Graubünden vor gewaltigen und kostspieligen Aufgaben stehe. In den nächsten Jahrzehnten müsse in die Kerninfrastrukturen investiert werden, um das Funktionieren der Gesellschaft sicherzustellen. Er sprach unter anderem von Verkehrsachsen und Gesundheitssystem. Seiner Ansicht nach funktioniert die Volkskultur in den Tälern auch ohne die «Kulturindustrie» der kantonalen Verwaltung.
Ein Instrument mit grosser Wirkung
«Das erste Kulturförderungskonzept wurde erfolgreich umgesetzt», betonte Regierungspräsident Jon Domenic Parolini. 41 Leistungsvereinbarungen mit Laufzeiten von drei bzw. vier Jahren konnten in der ersten Periode abgeschlossen werden. Die Bündner Filmförderung ist jetzt zudem klar strukturiert. «Seit Inkrafttreten des Kulturfördergesetzes hat sich sehr vieles verändert, was sich auch in einer stärkeren Präsenz der Kultur im ganzen Kanton zeigt», so der Regierungspräsident.
Kultur sei die Grundlage für das gesellschaftliche Zusammenleben und damit systemrelevant. Zudem habe Kulturtourismus an Bedeutung gewonnen, dies im Zusammenhang mit einem nachhaltigen und diversifizierten Tourismus im Kanton. «Kultur will gelebt sein und ist kein Zustand», betonte der Regierungspräsident. Das Konzept für die zweite Förderperiode wurde in einem partizipativen Prozess erarbeitet. Es liegen bereits wieder Gesuche für Beiträge in der Höhe von 1,7 Millionen vor.
600 000 Franken mehr
Wie im ersten Konzept sind im Finanzplan 2025 – 2028 Beiträge im Rahmen des Kulturförderungskonzepts von jährlich drei Millionen Franken vorgesehen. Diverse Leistungsvereinbarungen mit Kulturinstitutionen, welche im Rahmen des Konzepts von 2021 – 2024 erstmalig mit dem Kanton eine solche abschliessen konnten, sollen jedoch nicht mehr geknüpft an die Förderschwerpunkte abgeschlossen werden. «Im Sinne der Gleichbehandlung und nach vorgängiger Prüfung ist beabsichtigt, die Fortführung diverser Leistungsvereinbarungen mit einer gesamten Beitragsgrösse von rund 600 000 Franken neu über die Konti für Institutionen mit wiederkehrenden Beiträgen beim Amt für Kultur zu finanzieren», heisst es in der Botschaft.
Für eine gesicherte Planungssicherheit sei es unabdingbar, diese nicht an möglicherweise alle vier Jahre ändernde Förderschwerpunkte zu knüpfen. Die Mittel sollen im Rahmen der jährlichen Budgets beantragt werden. Die Finanzdiskussion wird also in der Dezembersession geführt. Der Grosse Rat hat dem Kulturförderungskonzept Graubünden 2025–2028 mit 109:2 Stimmen und einer Enthaltung zugestimmt.
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