In der Schweiz findet statistisch gesehen alle 4,6 Minuten ein Diebstahl statt, alle 13 Minuten wird ein Fahrzeug gestohlen, alle 21 Minuten gibt es einen Einbruch und alle 27 Minuten einen Betrug. Mit dieser «Zeitspielerei der Straftaten» eröffnete René Schuhmacher von der Kantonspolizei Graubünden sein Referat am Donnerstagnachmittag. Der Raum in der Brasserie des Hotels Reine Victoria war gut besucht. Der Informationsanlass fand im Rahmen des «Tag der betreuenden Angehörigen» statt, welches Pro Senectute Südbünden zusammen mit dem Gesundheitsamt Graubünden organisiert hat. 

Gemäss der aktuellen Statistik sind Vermögensdelikte mit Abstand die häufigsten Straftaten in der Schweiz. Im Jahr 2023 lag der Prozentsatz bei 65,8 Prozent aller Straftaten, oder bei 301 888 Delikten. Im Kanton Graubünden waren es 6867 Delikte. «Was mir Sorge bereitet ist, dass im Vergleich zu 2022 eine Zunahme von 2000 Straftaten nach Strafgesetzbuch erfolgte», sagte René Schuhmacher. Es gehe am Ende immer ums Geld. 

Man kann sich schützen
«Eine 100-prozentige Sicherheit gibt es nicht, ein Restrisiko wird immer bleiben, aber man kann sich schützen», erklärte der Kommunikationsverantwortliche der Kantonspolizei. Das eigene Verhalten sei dabei zentral. Prävention statt Bequemlichkeit, laute das Credo. «Gefährlich ist die Routine», sagte René Schuhmacher. 

Um diese Aussage zu veranschau­lichen, zeigte er die Schwachstellen eines Wohnhauses auf, welche bei Einbrüchen genutzt werden. An erster Stelle steht die Terrassentür, also die Sitzplatztür. Vor allem in den Sommermonaten ist diese oft geöffnet. Das macht es für Kriminelle einfach, die Häuser zu betreten. Sind Türen nicht verschlossen, gilt das Delikt nicht einmal als Einbruch, sondern als Einschleiche-Diebstahl. 

Nicht mehr sicher im eigenen Haus
Im Jahr 2023 gab es in der Schweiz 155 487 Diebstähle jeglicher Form (ohne Fahrzeugdiebstahl). Davon waren 26,6 Prozent oder 41 429 Einbrüche oder Einschleiche-Diebstähle. In Graubünden gab es insgesamt 2772 Diebstähle und darunter 1148 Einbrüche oder Einschleiche-Diebstähle. «In Graubünden stehen wir im Vergleich zu anderen Kantonen noch gut da, aber jeder Einbruch ist einer zu viel», sagte René Schuhmacher. Schlimmer als der finanzielle Schaden sei bei den Opfern meist der psychische Schaden, denn wo eingebrochen wird, fühlen sich die Bewohner nicht mehr sicher im eigenen Haus. 

Fakt ist laut dem Experten, dass die Anzahl der Delikte nach der Corona-Pandemie stark angestiegen ist. 15 Jahre lang sei die Tendenz sinkend gewesen, jetzt nehme die Kriminalität wieder zu. 

Portemonnaie nie im Auto lassen
Gerade ältere Personen werden auch Opfer von Taschen- oder Trickdiebstählen. Mit einfachen Massnahmen kann die Sicherheit im Alltag erhöht werden. So sollte die Tasche nicht zur Strassenseite hin getragen werden, damit Vorbei­fahrende sie nicht entreissen können. Handtaschen sollten nicht im Einkaufswagen gelassen werden. Bauchtaschen sollten quer über den Oberkörper getragen werden. Kreditkarten sollte man immer getrennt aufbewahren, am besten in zugriffssicheren Innentaschen. Und: Das Portemonnaie niemals im Auto liegen lassen. Wichtig auch: PIN-Nummern auswendig lernen. Beim Geldabheben am Bankautomaten sei zudem Diskretion zentral. Wo sichtbar ist, dass jemand viel Geld abhebt, ist die Wahrscheinlichkeit höher, Opfer eines Diebstahls zu werden.

Zur Vorsicht mahnte René Schuhmacher auch vor dubiosen Inseraten oder Flyern, wenn zum Beispiel von Goldankauf die Rede ist oder Pelze-Ankauf. «In vielen Fällen wird man übers Ohr gehauen, also achten Sie darauf, wem sie trauen.»

«Legen Sie einfach auf»
Seit einigen Jahren ist die Kantonspolizei immer wieder mit Enkeltrickbetrug und Schockanrufen konfron­tiert. Im April dieses Jahres hat zum Beispiel eine Frau in Chur über 100 000 Franken durch Telefonbetrug verloren. «Versuche gibt es immer wieder», erzählt der Kantonspolizist. Bei einem Schockanruf wird eine erfundene, aber glaubwürdig klingende Nachricht mitgeteilt, meistens, dass ein Familienmitglied in einer Notlage oder in Gefahr sei. Abwenden könne man diese Gefahr nur, wenn Geld oder Wertsachen auf ein Konto überwiesen oder an einen Boten übergeben werden. 

Die Betrüger geben sich als Polizist, Chefarzt oder Anwalt aus, sprechen meistens sehr gut Deutsch und spielen ihre Rolle gut. Über die sozialen Medien erfahren sie persönliche Informationen, die sie dann verwenden. Durch KI können Stimmen zudem täuschend echt nachgemacht werden. 

Was also tun bei einem Schockanruf? «Am besten legen Sie einfach auf», so der Rat von René Schuhmacher. Dann sollte das angeblich betroffene Familienmitglied angerufen werden. Am besten rufe man auch sofort die Polizei an. Auf keinen Fall solle man tun, was gefordert wird.

Es kann jede und jeden treffen
Seit Jahrzehnten führt die Kantonspolizei Graubünden bereits Präventionsanlässe durch. Die Themen bleiben mehr oder weniger dieselben, die Delikte ebenfalls. Neu ist die Cyberkriminalität hinzugekommen. Und diese nimmt rasant zu. Gemäss René Schuhmacher sind die Menschen heute zwar besser informiert, viele denken allerdings: Mir passiert nichts. «Aber es kann jede und jeden treffen.›