Der Eurasische Luchs (Lynx lynx) gilt mit rund 50'000 Exemplaren global gesehen als nicht gefährdet. Dies gilt laut der Roten Liste der Säugetiere der Schweiz (BAFU) von 2023 aber noch nicht für die Luchspopulation in den Alpen oder im Jura, wo sie als stark gefährdet eingestuft wird. Nachdem 1971 mehrere Luchse in der Schweiz wiederangesiedelt wurden, leben heute rund 260 Individuen in zwei voneinander getrennten Populationen.
Dem Zernezer Wildhüter und Chef des Jagdbezirks IX Unterengadin Val Müstair, Guolf Denoth, gelang nach eigenen Angaben im April 2020 ein Fotofallen-Bild des Luchses. Er hatte diese aufgrund von Hinweisen auf Luchsspuren seitens von Mitarbeitern des Schweizerischen Nationalparks aufgestellt. Seinen Namen «B760» erhielt der Luchs – mutmasslich ein Männchen – dann aufgrund der Aufnahmen Denoths erst nachträglich von der Stiftung KORA – Raubtierökologie und Wildtiermanagement. Diese bestätigte auch, dass der Luchs «B760» ein neues und nie zuvor ausgewiesenes Individuum ist.
Seither erhielt Denoth immer mal wieder Hinweise auf die Präsenz des Luchses in der Region. Beispielsweise Spuren oder vereinzelt gerissene Rehe, Gämsen oder Hirschkälber, welche dank dem Nachweis des sogenannten und luchstypischen Kehlbisses eindeutig dem Grossraubtier zugeordnet werden konnten. Und nun wollte es der Zufall, dass besagter Luchs im Rahmen der kürzlich durchgeführten, jährlichen Hirsch- und Wildzählung der Bündner Wildhut in der Nähe von Zernez in den Scheinwerferkegel von Guolf Denoth und seinen Helfern trat. «Auch für mich ein sehr spezieller Moment in den rund 20 Jahren, in denen ich die Wildzählung schon durchführe», sagte Denoth beim Betrachten des scheuen Jägers.
Luchse fressen kleinere und mittelgrosse Säugetiere, Vögel oder auch Fische. Sie sind Meister der Tarnung und gehen nachts und in der Dämmerung alleine auf Beutezug. In einer Population finden Männchen und Weibchen nur in den typischen Paarungsmonaten Februar bis April zusammen. Nach der Paarung trennen sich die Luchse sogleich wieder. Luchsweibchen bringen meist zwei Jungtiere in Höhlen oder unter umgestürzten Baumstämmen zur Welt und ziehen diese alleine gross. Nach einigen Wochen, in denen die Jungen gesäugt werden, begleiten diese die Mutter bereits auf die Jagd. Allerdings überleben viele Jungtiere das erste Lebensjahr nicht. Alle anderen müssen für ihr Überleben und ihre spätere Fortpflanzung möglichst schnell ein eigenes Revier besetzen.
Autor und Foto: Jon Duschletta
Diskutieren Sie mit
Login, um Kommentar zu schreiben