Ich war in den Bike-Ferien. Mit zwei Frauen. Meiner Ehefrau, die ich meist nur von hinten sah. Die zweite Frau begleitete mich auf Wunsch bei jedem Pedaltritt, denn ich habe mir so eine neumodische Outdoor-App runtergeladen. Obwohl: Es geht nichts über eine gute Landkarte. Einmal Pfadfinder, immer Pfadfinder, sag ich. Meine Wahrnehmung deckt sich in dieser Hinsicht allerdings nicht mit jener meiner Frau. Um möglichen Spannungen in den Ferien vorzubeugen – «äh, ich glaube wir müssen umkehren» – habe ich mir also die Frau im Ohr gekauft.
Die Route auf dem Handy erfassen, Navigation starten, und schon lotst mich die Frau durch den Verkehr. «Bei nächster Gelegenheit links halten», säuselt es aus dem Kopfhörer. Picobello, alles im grünen Bereich. Später, der Ton, so scheint mir, ist etwas kühler: «Die Route wird neu berechnet.» Das ist weniger picobello, weil ich offenbar eine Abzweigung verpasst habe. Und – tönt das nicht schon ziemlich genervt? – «Bei nächster Gelegenheit wenden.» Okay, aller Anfang ist schwer.
In den nicht enden wollenden Aufstiegen habe ich mir vorgestellt, wie die Frau im klimatisierten Büro vor einem Bildschirm sitzt und mich durch das ligurische Hinterland lotst. Oder bereits beim Apero in der Gartenbeiz sitzt und ab und zu Anweisungen über ihr Handy erteilt. Und am Sonntagmorgen früh schien sie mir seltsam wortkarg. Nun, für vier Franken – so viel habe ich für die App bezahlt – darf man ja nicht allzu viel erwarten. Auch nicht, dass mich die Frau vor dem aggressiven Dobermann bei der abgelegenen Villa gewarnt oder mich nicht auf den längst zugewachsenen Trail mit stachligen Brombeersträuchern geschickt hätte. Und wenn ich schon am Motzen bin: An der italienischen Aussprache könnte die Frau im Ohr noch etwa feilen.
Aber im Grossen und Ganzen hat sie ihren Job gut erledigt. Nun könnte ich für 20 Franken eine Frau im Ohr kaufen, die mich künftig auf der ganzen Welt begleitet. Ich überlege es mir.
Autor und Foto: Reto Stifel
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