Es sei das grösste Wasserkraftwerk mit Bündner Beteiligung, welches in seiner mittlerweile zwölfjährigen Amtszeit realisiert worden sei. Auch dem Bündner Energiedirektor Mario Cavigelli war die Freude ob der gelungenen Realisierung des Gemeinschaftskraftwerks-Inn (GKI) ins Gesicht geschrieben. Und wie.
«Der heutige Tag ist demnach sehr wichtig. Das GKI ist ein gutes Beispiel und auch ein klares Zeichen dafür, dass es sich lohnt, in erneuerbare Energien zu investieren», so Regierungsrat Cavigelli anlässlich der GKI-Eröffnungsfeier in Prutz. Man habe in Sachen grenzüberschreitender Planung und Realisierung von Wasserkraftwerken ja auch schon gebührend Erfahrung. Einerseits mit den Kraftwerken Hinterrhein und Punt dal Gall der Engadiner Kraftwerke AG (EKW) und entsprechenden Staatsverträgen mit Italien wie nun auch mit dem GKI und einem solchen – äusserst umfassenden und komplexen – Vertragswerk mit Österreich.
Bündner Regierungsrat und Energiedirektor Mario Cavigelli im Gespräch mit dem Tiroler Landeshauptmann Anton Mattle.
Anton Mattle posiert mit Ständerat und EKW-Verwaltungsratspräsident Martin Schmid.
Österreich: bessere Energiestrategie
Keiner aber strahlte so sehr, wie der Bündner Ständerat und EKW-Verwaltungsratspräsident Martin Schmid. «Freude herrscht!», sagte dieser während seiner Ansprache im GKI-Krafthaus in Anlehnung an Ex-Bundesrat Adolf Ogis Bonmot. Schmid ergänzte, alle Probleme und Verzögerungen im Zusammenhang mit der Realisierung des GKI seien mit dem heutigen Tag vergessen und tröstete die österreichischen Projektpartner und Lokalpolitiker mit der pointierten Aussage, die Schweiz habe zwar in der Person von Marco Odermatt den aktuell besseren Skifahrer als Österreich, «aber nicht die bessere Energiestrategie». Der Tiroler Landeshauptmann Anton Mattle quittierte dies mit einem Lächeln und sagte: «Der Ausbau der erneuerbaren Energien, insbesondere die Nutzung der Wasserkraft, ist der Schlüssel für den Kampf gegen die importierte Teuerung.» Er bekräftigte die Absicht der Tiroler Landesregierung, «weiterhin konsequent am technologieoffenen Ausbau von regenerativen Energiequellen festzuhalten». Im Gegensatz zur Schweiz, wo sich aktuell keine Grosskraftwerke im Bau befinden, plant Österreich ein halbes Dutzend solcher mit entsprechendem Zubau an Strom aus erneuerbarer Wasserkraft.
«Mann der ersten Stunde»
Mit musikalischen Darbietungen der örtlichen Musikkapelle und -gesellschaft, feierlichen Protokollen und zwölf ohrenbetäubenden Salutschüssen aus alten Jagdgewehren wurden die gut 250 geladenen Gäste vor der sorgsam in die Umgebung integrierten Kraftwerkzentrale in Stimmung gebracht. Und während sich die Festgemeinde in das Krafthaus zu Ansprachen, der kirchlichen Segnung der Anlage durch Bischof Hermann Glättler, den diversen Festreden und dem gemeinsamen Abendessen aufmachte, sass Robert Meier noch eine ganze Weile gedankenverloren auf seinem Stuhl in der untergehenden Sonne.
Wenn einer stets an die Realisierung des GKI geglaubt hat, dann er, der heute 93-jährige Robert Meier, Ingenieur, erster und langjähriger Direktor der Engadiner Kraftwerke und «GKI-Mann der ersten Stunde». Zwar betont er wiederholt, fairerweise müsse nicht er interviewt werden, sondern die anderen, zeigt dann aber trotzdem seine Freude, «dass das, woran man so lange gearbeitet hat, nun endlich in Betrieb geht». Es habe in der Folge sehr viel Geduld gebraucht, sagt er mit Blick auf das Jahr 1979, wo er bei ersten Zusammentreffen von Tiwag, Verbundgesellschaft und EKW (siehe untenstehenden Text) mit von der Partie war. Zuerst sei ein Staatsvertrag zwischen Österreich und der Schweiz nötig geworden, um alle Detailfragen zu klären. «Damals war schnell klar, dass die Gesetze nicht die gleichen waren. Es brauchte deshalb einen für beide Seiten gangbaren Weg, der Staatsvertrag musste so formuliert werden, dass es für beide Seiten passte, und auch eine gemeinsame Vorgehensweise musste gefunden werden, nicht zuletzt auch aus Sicht der betroffenen Gemeinden.»
Robert Meier bei der feierlichen Inbetriebnahme des GKI und später zusammen mit seinen Nachfolgern als EKW-Direktoren. V.l.: Michael Roth (Co-Geschäftsführer GKI), Peter Molinari, Robert Meier und der zukünftige Direktor, Giacum Krüger.
Robert Meier, der 1964 unmittelbar nach der Sanierung der EKW in diese eintrat und Direktor wurde, war später Mitglied der Kommission, welche die Staatsvertragsverhandlungen zum Bau des GKI führte. Dabei konnte er die Erfahrungen aus dem Staatsvertrag mit Italien zum Bau des EKW-Pump-Speicherkraftwerks Punt dal Gall mit einbringen. Meier hat aber auch die Entwicklung der Engadiner Kraftwerksbauten hautnah miterlebt und mitgestaltet. Er erinnert sich sehr gut an die Zeiten, in denen die EKW 13 Grossbaustellen mit bis 1600 Arbeitern unterhielten und hat selber 2003 das Buch «Die Engadiner Kraftwerke – Natur und Technik in einer aufstrebenden Region» zur Geschichte der EKW geschrieben.
«Wirtschaftlich ein Segen»
«Das GKI», so Meier bevor er sich zu seinen Nachfolgern Peter Molinari und Michael Roth, dem interimistischen Direktor Oliver Dürig und dem zukünftigen EKW-Direktor Giacum Krüger an den Tisch gesellt, «kommt zum richtigen Zeitpunkt, ist in der heutigen Zeit sehr willkommen und wirtschaftlich ganz bestimmt ein Segen».
Autor und Fotos: Jon Duschletta
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