«Ich gebe es zu, es sieht hier noch etwas abenteuerlich aus», sagt David Frei schmunzelnd und schaut sich auf der Baustelle um. Überall sind Handwerker und Handwerkerinnen im Einsatz, es wird gebohrt, geschliffen und gestrichen.
Der General Manager des neuen Luxushotels steht zwar hochmotiviert in den Startlöchern, kann aber aufgrund von Verzögerungen im Bauplan nicht wie geplant am 19. Dezember öffnen, sondern frühestens Ende Februar oder Anfang März. Dennoch hat er sich am Freitag mit einer Pressegruppe auf einen Rundgang durchs Hotel gemacht und dabei mehr über das Betriebskonzept verraten, das weitgehend ausformuliert ist.
Mehr als ein Luxus-Hotel
«Not just a luxury hotel» lautet der Brand. «Wir wollen uns zugänglich und offen präsentieren, Hemmschwellen abbauen und auch Einheimische dazu einladen, unsere Angebote wie Spa und Gastronomie zu nutzen. Unsere Mitarbeitenden werden nicht in konventionellen Uniformen arbeiten, sondern in Kleidern, in denen sie sich gut bewegen können und wohlfühlen.» Die Cocktail-Bar etwa, das Herzstück des Hauses, soll ein lebendiger Ort für Begegnungen werden, ein bunt durchmischtes und genussaffines Publikum anlocken.
Die Kronleuchter im lichtdurchfluteten Jugendstilraum hängen bereits an der Decke, der Bartresen steht, hier und dort werden noch Malerarbeiten ausgeführt. Es geht weiter in die Hauptküche und die Restaurant-Räumlichkeiten. Geplant sind diverse Gastro-Konzepte, darunter eine Luxemburgerli-Bar, eine Brasserie, ein mediterranes Restaurant sowie ein Pop-up-Restaurant mit wandelndem Konzept. «Wir bieten vom Interieur bis hin zu kulinarischen Vorlieben wirklich für jeden Geschmack etwas. Sterne streben wir allerdings keine an und haben uns deshalb bewusst gegen ein Gourmet-Gefäss entschieden», erklärt David Frei.
Positionierung als Ganzjahresbetrieb
Der rund 80-Millionen-Franken teure Um- und Erweiterungsbau des früheren Hotels La Margna, einst vom bekannten St. Moritzer Architekten Nicolaus Hartmann entworfen, möchte sich als Ganzjahresbetrieb positionieren. Ein Novum für St. Moritz im Fünfsternebereich. David Frei glaubt jedoch an das Potenzial der Zwischensaison, schwärmt vom «Indian Summer» und den intensiven Farben der verfärbten Lärchen. «Wir möchten jene Gäste ansprechen, die eben gerade die Ruhe und Unaufgeregtheit in der Nebensaison suchen und schätzen. Im November habe ich immer wieder beobachtet, wie Reisegruppen am Bahnhof ankamen und dann ganz konsterniert waren, weil im Dorf praktisch alles zu hatte. Auch die können wir mit unseren Gastro-Angeboten abholen.»
Ein Trumpf im Ärmel
Es geht weiter in den Spa-Bereich, der ein rund 20 Meter langes Schwimmbecken mit Gegenschwimmanlage, Sauna, Fitnessbereich und eine Open-Air-Terrasse bietet. Auch in der Gestaltung der Nasszonen gab es einiges zu bedenken und sicherheitstechnische und denkmalschützende Vorgaben zu berücksichtigen. «Während der Bauphase kamen immer wieder Überraschungen zutage. Und doch sind wir seit Baustart im April 2020 erstaunlich weit gekommen», sagt Frei.
Während es im Hauptgebäude mit seinen 47 Zimmern derzeit gut vorangeht und eine Eröffnung in der Wintersaison 2023 realistisch scheint, werden die Bauarbeiten im zweiten Gebäude – im «Grace Wing» noch bis in den Sommer hineindauern. «Wir sind mit der Aussenfassade noch nicht so weit, müssen uns aber dem allgemeinen Baustopp bis Mitte März fügen.» Der «Grace Wing» kann mit einem Alleinstellungsmerkmal trumpfen – er ist durchwegs klimatisiert, als erstes Hotel im Engadin. «Damit decken wir ein Bedürfnis der internationalen Gäste ab, denn uns erreichen bereits viele Anfragen aus dem arabischen Raum, aus Indien und den USA, wo klimatisierte Hotels die Norm sind.»
Die Vorfreude nähren
Die Nachfrage von Gästeseite ist also da, das Konzept definiert, nun geht es darum, die Motivation beim Personal hoch zu halten und die Vorfreude auf das Opening zu nähren. «Natürlich haben wir einen Rekrutierungsstopp eingeführt. Dennoch sind bereits über 100 Mitarbeitende zum Saisonstart angereist, die wir beschäftigen müssen.» Ein Teil von ihnen ist auf der Baustelle im Einsatz, andere werden bei Veranstaltungen und in der Administration eingesetzt. Zupackende Hände und eine gute Moral sind jetzt gefragt, wo der Eröffnungstermin trotz Verzögerung näher und näher rückt. Das weiss auch David Frei. «Eines ist sicher: Wir geben in den kommenden Wochen Vollgas.»
Autorin und Foto: Denise Muchenberger
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